Ich hatte mir mehrere Romane Balzacs, darunter Die Chouans, nach den Lockerungen der
im Lock-down verhängten Beschränkungen und mit der gewon- nenen Sicherheit nach dem
zweimaligen Impfen bei einem Antiquar besorgt. Zum Titel des Romans, Die Chouans: was ich
mir darunter vorgestellt hatte – eine von Balzacs Geschichten mit Intrigen, Machenschaften aus Habgier wie im
Vetter Pons, von um ihr Erbe gebrachten rechtschaffenen Leuten auf dem Lande wie in der Junggesellenwirtschaft (La Rabouilleuse), oder die wechselvolle Geschichte eines Familienclans dieses
Namens, in Paris oder in der Provinz, eine weitere Szene des Lebens in der Provinz seiner Comédie Humaine.
Nach den Chouans – und nachdem ich auch noch den Vater Goriot
gelesen hatte – nahm ich mir einen weiteren Roman von Balzac: Glanz und Elend der Kurtisanen
vor, den ich mir nach dem Lock-Down bei einem Antiquar besorgt hatte. Beim ersten Lesen war mein Eindruck, dass
dieser Roman mit seinen komplexeren Handlungssträngen, den zeitlichen Verschachtelungen und Rück- schauen
sich nicht so gut zum Nacherzählen eignete; aber nachdem sich beim weiteren Lesen herausstellte, auf welche
Weise er personell an den Vater Goriot anknüpft, hat es mich dann doch gereizt; ausserdem
brauchte ich eine neue Herausforderung.
Auf den ersten achtzig Seiten wird ein junger zum Selbstmord bereiter Poet dabei begleitet, wie er seinen
Weg zurück ins Leben findet. Es folgen viele Seiten füllende Schilderungen immenser Ansammlungen
unterschiedlichster in einem Antiquitätengeschäft angehäufter Objekte, die unmöglich in der
Kürze wiederge- geben werden können; dasselbe gilt für den Verlauf eines sich anschliessenden
Gelages, einer Art Gastmahl (Symposion), mit dem uns Balzac ein Zustandsbild von der Verfassung
einer bestimmten bürgerlichen Schicht im Frankreich der Restauration bzw. nach der Juli-Revolution liefert.
Einen Eindruck kann vielleicht eine Sammlung von Äusserungen und kernigen Sprüchen vermitteln.
Ein Talisman mit magischen Kräften, das Chagrinleder, das ihm von dem Antiquar überlassen worden
war, bestimmt von da an das Leben des Raphael de Valentin und wird schliesslich sein Schicksal besiegeln.