Man muss wohl eine gute Vorstellungsgabe besitzen, um sich nach der von Balzac gegebenen Beschreibung eine
einigermassen genaue Vorstellung von den örtlichen Gegebenheiten, der Umgebung, die den weiteren Verlauf der
Hand- lung bestimmen, zu machen, der Saint-Léonard-Kirche, der zum Saint-Léonard-Tor führenden
Strasse, der Promenade, dem Schloss, dem Papageienturm, dem am Ende einer Sackgasse gelegenen Haus Maries, dem
Schauplatz des drama- tischen Endes, der Felswand unmittelbar dahinter und dem unterhalb gelegenen Tal mit dem
Flüsschen Nançon.
Das Szenario bei Anbruch der Nacht war folgendes: nachdem der Komman- dant Hulot eine Abteilung von Soldaten
dorthin beordert hatte, glich die Umge- bung des Hauses einem Heerlager. Die Chouans ihrerseits, unter ihnen Marche-
à-terre, hielten sich oben auf dem Felsen und in der Wand versteckt, in die sie sich halsbrecherisch, sich
am Gestrüpp festhaltend, herabgelassen hatten. Unten auf der Strasse ging Corentin, angespannt auf jede Bewegung
und jedes Geräusch achtend, auf und ab, nachdem es ihm gelungen war, den Jungen Babettes, der ihm berichten sollte,
was in Maries Haus vorging, als vertrauens- würdig bei ihr einzuschleusen. Als die Chouans sich von der Felswand
neben dem Haus auf einen dort liegenden Mistaufen fallenlassen, glaubte er, schemen- haft eine Bewegung wahrzunehmen.
Mehreren Personen war es gelungen, in dem dichten Nebel unbemerkt das Haus zu betreten: dem Gars sowie einem
Geistlichen, der aus seinem "Priester- versteck" geholt worden war; er sollte die Trauung Maries mit Alphonse, dem
Marquis, vornehmen; weiterhin zwei Königstreue als Trauzeugen, der eine war der Graf de Bauvan, unter dessen
Schutz Marie vormals gestanden hatte. Doch zunächst stand noch der infame, von Corentin fabrizierte angebliche
Brief des Marquis zwischen ihnen; erst nachdem sie die Intrige durchschaut und erkannt hatten, dass er eine Fälschung
war, war Marie bereit, seine Frau zu werden; doch sagte sie ihm nichts darüber, dass draussen Vorkehrungen getroffen
wurden, die sie in ihrer Raserei, sich für seinen angenommenen Verrat zu rächen, mit Hulot abgesprochen hatte,
um ihn an die "Blauen" auszuliefern, dass sie aber, nachdem sie seine Frau geworden war, bereit war, ihm um den Preis
ihres eigenen Lebens zur Flucht zu verhelfen.
Die Trauung, zu der Marie in einem weissen Brautkleid erschien, konnte mit einem Aufwand und in aller Feierlichkeit
im von der Republik verbotenen katho- lischen Ritus von dem alten, weisshaarigen Priester im geistlichen Gewand und mit
Utensilien, die er bei sich führte: ein Altarkreuz, Gefässe und ein Kelch, Altar- kerzen sowie Weihrauch,
vollzogen werden, was der in einem Salon stattfinden- den Zeremonie ein ausgefallenes, sonderbares Gepräge verlieh.
– Balzac flicht hier die Bemerkung ein, dass solche von Geistlichen, nach der Gesetzgebung der Republik, die eine
Zivilehe vorschrieb, eigentlich ungültigen, häufig am Fuss einer Eiche vollzogenen Ehen später doch
legalisiert wurden.