In der Corona-Krise  –  Fontane  Der Stechlin


    Wieder ein Wochenende, sehr warm; Warten auf die ersten Sommer- gewitter. Nachdem ich die letzten Seiten etwas mühsam zusammengezimmert habe, habe ich es fast geschafft, das Ende ist abzusehen. Für die restlichen noch verbleibenden Seiten habe mich wieder in den Tiergarten gesetzt, diesmal nicht im Rosengarten, sondern an dem "alten" Platz am Wasser, da, wo der "Taschentuchbaum" steht. An der Stelle habe ich schon lange nicht mehr gesessen oder sie im Frühjahr aufgesucht, um ihn blühen zu sehen.

   Ein weiterer Besuch ist der von seiner Schwester Adelheid, der sich aber in eine für ihn unangenehme Richtung entwickelt, sie hat nämlich die Absicht, sich auf Dauer im Herrenhaus einzurichten und bei der Pflege ihres Bruders das Kommando zu übernehmen. Das muss er verhindern, und er muss sich etwas ausdenken, um sie loszuwerden.
    Zuallererst war ihr die Buschen mit ihren Hexenkünsten ein Dorn im Auge, und sie versuchte, ihm den von der Alten verordneten Katzenpfötchentee, den er abends einnimmt, hinwegzudiskutieren. Zudem ist ihr das Erscheinen der kleinen Agnes, der etwas auffällig gekleideten "lütten Krabb" mit ihren roten Strümpfen, der Tochter Karlines, die in Berlin einen moralisch fragwürdigen Lebenswandel führt, im Herrenhaus höchst ungehörig, ja unerträglich. Dies ist für den Alten ein Ansatzpunkt, um "seine Mine zu legen". Er lässt nach der Buschen schicken mit der Anweisung, man möge doch die Agnes herschicken, die noch am selben Abend in das Herrenhaus kommt, so dass am nächste Morgen für Adelheid die Überraschung perfekt ist. Als sie erfährt, dass er vorhat, die Kleine, in Knöpfstiefeln und roten Strümpfen, rot wie Storchenbeine, wie sie sich ereifert "Zeichen einer hochgehaltenen Fahne, der Fahne der Revolution in der Sitte" auf Dauer bei sich zu behalten, ist ihres Bleibens nicht länger, und sie fährt noch am selben Nachmittag nach Wutz zurück.

    Die kleine Agnes bleibt also im Herrenhaus beim alte Dubslav, sie sitzt von nun an immer in seiner Nähe am Fenster und strickt an einem langen, brandroten Strumpf. Bald macht er sich Gedanken, womit man das Kind zur Abwechslung noch beschäftigen könnte, und so gibt man ihm die gebundene "Landwirt- schaftliche Zeitung" zum Blättern, mit den Abbildungen von Bismarck und Kaiser Wilhelm, von Schlössern und den Husaren. Danach kommen aus der Kuriosi- tätensammlung des Alten der Dragoner vom Zelliner Kirchturm und dann die Mühle dran, die Agnes mit grossem Vergnügen durch Pusten gegen die Flügel in Gang setzt.