" Ein Mensch wandert durch einen Wald, besteigt einen Berg,... geniesst das Glück, irgendeine
Lage einzunehmen, die allgemein beneidet wird; wir fragen: was mag dabei in ihm vorgehen? Sicher ist es, so kommt
es ihm vor, sehr Vieles, Tiefes und Wichtiges; nur hat er nicht die Geistesgegenwart, es sozusagen beim Wort zu
nehmen. Es macht sich bald ein gewisser, innerer Stoffmangel merk- lich, es entsteht dort sozusagen ein grosses,
leeres, rundes < O >. Dieser Zu- stand ist das klassische Symptom der Berührung mit allem Ewigen und Grossen
wie des Verweilens auf den Höhepunkten der Menschheit und Natur. Personen, welche die Gesellschaft grosser
Dinge bevorzugen – und dazu gehören vornehmlich auch die grossen Seelen, für die es überhaupt
keine kleinen Dinge gibt, – wird unwillkürlich das Innere zu einer ausgedehnten Oberflächlichkeit
herausgezogen.
Man könnte die Gefahr der Verbindung mit grossen Dingen darum auch als ein Gesetz von der Erhaltung
der geistigen Materie bezeichnen, und es scheint ziemlich allgemein zu gelten. Die Reden hochgestellter, im Grossen
wirkender Personen sind gewöhnlich inhaltsloser als unsere eigenen. Gedanken, die in einer besonders nahen
Beziehung zu besonders würdigen Gegenständen stehen, sehen gewöhnlich so aus, dass sie ohne diese
Begünstigung für sehr zurückgeblieben gehalten würden. Die uns teuersten Aufgaben, die der
Nation, des Friedens, der Menschheit, der Tugend und ähnlich teuere tragen auf ihrem Rücken die billigste
Geistesflora. Das wäre eine sehr verkehrte Welt; aber wenn man annimmt, dass die Behandlung eines Themas desto
unbedeutender sein darf, je bedeutender dieses Thema selbst ist, dann ist es eine Welt der Ordnung."
" Berührung mit dem Grossen " – das Stichwort lässt mich mal
wieder zu mir selbst zurückkommen: mit welchem Grossen suche ich die Berührung?! Es ist beispielsweise
eben diese Lektüre des Mann ohne Eigenschaften, womit ich mich solch Grossem annähere,
ebenso wie früher durch Lesen allgemein. Dabei waren es vielleicht weniger die historischen Grössen oder
solche der Geisteswelt wie Goethe, Luther, Rousseau, Napoleon, Bismarck, Hitler, mit denen ich mich eine gewisse
Zeit lang beschäftigt habe, sondern es waren die Höhepunkte der Menschheit, die Höhenluft vor allem
der Neueren Geschichte, ihre Vorgaben für uns Nachfolgende, die Weichenstellungen beispielsweise durch
Reformation und Französische Revolution, die Napoleonischen und die beiden Grossen Kriege des vorigen
Jahrhunderts. "Grosse Männer" geisterten zeitweise offenbar auch in meinem Unbewussten herum, das legt
jedenfalls eine Serie von Träumen vor über 30 Jahren nahe, an die ich mich erinnere und die ich als
Ausdruck des "Grössenselbst" (H.Kohut: Narzissmus) interpretiert habe: Abbilder von
Bismarck, Freud, von amerikanischen und französischen Präsidenten und von deutschen Bundeskanzlern.
Dann ist da noch die Musik, die mir viel bedeutet, mit den Grossen Vier: Bach, Haydn, Mozart, Beethoven,
den letzteren, dem Dreigestirn der Klassik zu Ehren steht ein Denkmal im Tiergarten, mit viel Gold, der Farbe bzw.
dem Material, in dem sich die Sonne spiegelt. Es ist, als das kostbarsten von allen – "Am Golde
hängt, zum Golde drängt doch alles" – in der Menschheitsgeschichte der Sonne, in der
Darstellung des Sonnengottes bei den Ägyptern, des Sol Invictus bei den Römern, somit
dem Höchsten zugeordnet. Und was sagt uns das, wenn auf von Kindern in einem bestimmten Alter gemalten
Bildern häufig die Sonne nicht fehlen darf; ist sie symbolischer Ausdruck ihres Wunsches, von ihrer Umgebung
narzisstisch gespiegelt zu werden?