Corona  –  Poetisches  Krisenmanagement


    Ostern, ist vorüber und damit auch – hoffentlich – die erste und schlimmste Phase des Corona-Ausnahmezustands. Ein Traum:

    Ich suche einen Treff auf, eine Begegnungsstätte, in der ich regelmässig verkehrte, die aber wegen der Corona-Beschränkungen geschlossen ist, um festzustellen, ob sie bei einer Lockerung der Massnahmen unter Sicherheits- auflagen wie der Einhaltung eines ausreichendes Abstands wieder besucht werden kann. Ich nehme also das, was zur Zeit hinsichtlich einer Lockerung der Beschränkungen diskutiert wird, vorweg. Beim Eintreten in den Raum mit Sitzgelegenheiten an den Wänden, der mich an den Vorraum eines längst nicht mehr existierenden kleinen Kinos erinnert, erlebe ich, wie es praktisch aussehen kann, ähnlich wie es im Fernsehen etwa bei Diskussionsrunden zu beobachten ist. Ich setze mich auf eine bogenförmig geschwungene Eckbank. An der gegen- überliegenden Wand hat sich eine junge Frau auf einem Sitz niedergelassen, und ich schätze den Abstand zwischen uns, er ist mehr als zwei Meter, also ausreichend. Als noch jemand, ich glaube noch eine Frau, hereinkommt und sich ebenfalls auf die Eckbank setzen will, rutsche ich ganz an das eine Ende, so dass sie mit dem nötigen Abstand am anderen Ende Platz nehmen kann.
    Die geschwungene Eckbank mit rotem Bezug erinnert mich an die Bank aus dem ARD-Morgenmagazin, auf der das Moderatorenpaar mit dem gebotenen Abstand zwischen sich seine Ansagen macht.

    Ein Traum mit komplexen Aussagen, wie mir scheint. Zum einen: Das, was im Fernsehen möglich ist, ein Weitermachen wie vor der Krise, mit Einschrän- kungen zwar, sollte auch für uns "Normalbürger" zugelassen werden. Darüber hinaus wird aber noch unterschwellig ein Eingriff in das bisherige Verhältnis der Geschlechter zueinander suggeriert, ein Sich-aus-dem-Weg-, oder besser: ein inneres Auf-Distanz-Gehen, wie es sich in manchen Situationen, beispielsweise wenn man sich bei Begegnungen draussen auf dem Bürgersteig ausweicht, konkret zu äussern scheint.
    Auch wird deutlich, worin das Unbehagen, mit dem die ganze Situation erlebt wird, besteht: in dem Gebot einer verstärkten Selbstkontrolle, das unangenehme Erfahrungen mit der von der Umgebung ausgeübten sozialen Kontrolle anspricht, und zudem Erinnerungen wieder wachruft, Erinnerungen an die Kontrolle, der man in der Jugend, in Zeiten der Abhängigkeit von Autoritäten wie den Eltern sowie der Schule unterworfen war.