Sie mussten gemeinsam fortgehen, um unter einem anderen Himmel ruhigere Tage zu finden; bei ihrer Abfahrt
bereuten sie nichts, da sie alles mit sich davontrugen. Henry schrieb kaum noch an Jules, er hätte ihm
zu viel und gleichzeitig nicht genug berichten müssen; was seine Familie betraf, was sie zu dieser Reise
sagen würden, daran mochte er gar nicht denken. Macht den Kindern etwas Angst? sie drehen den Kopf zur
anderen Seite und gehen im Laufschritt vorbei.
Sie hatten New York als ihren Wohnsitz ausgewählt; Henry wollte sich ihren Unterhalt mit Französisch-
und Lateinunterricht, mit Artikeln, die er für ihre Zeitungen schreiben wollte, mit was auch immer verdienen;
im Übrigen würden die sechstausend Francs, die sie zur Zeit zur Verfügung hatten, für
einige Zeit reichen, fügen Sie hinzu, dass er sich ausrechnete, etwas zu verdienen, oder dass man ihm etwas
schicken würde, und überhaupt vertraute er auf Gott. Als erstes hatte Mme Émilie ihren Schmuck
verkauft und von Aglaé Geld geliehen. Henry hatte seinerseits etwas von Morel geliehen und von seiner
Familie einen Betrag erhalten, um angebliche Schulden zu begleichen; doch da sie noch mehr brauchten, waren sie
versucht, M.Renaud zu bestehlen. Mme Renaud hatte deswegen keine grossen Bedenken, doch der Gedanke, ihm etwas
zu schulden, stiess Henry ab; er hielt es für schlauer und besser, die Unterschrift seines Vaters zu
fälschen und sich bei einem seiner Mandanten Geld zu verschaffen.
Das alles ging ganz leicht, ohne Schwierigkeiten oder Hindernisse vonstatten – es heisst, dass es einen Gott
für die Strolche gebe, was aber, wenn die Liebe seine Hilfe erbittet? Kein Ausstatter liess auf sich warten,
niemand im Haus bemerkte irgendetwas. Mme Émilie war ruhig wie immer, und seit zwei Tagen unterhielt Henry
sich mit M.Renaud viel häufiger als in der letzten Zeit; der Brief des Kapitäns, den sie in einem Brief
um Auskünfte gebeten hatten, erreichte sie am 12ten des Monats, am 15ten wollte man aufbrechen; was die
Zeugen anging, die Sie, um einen Pass ausgestellt zu bekommen, zur Bezeugung Ihres Namens und Ihrer Identität
benötigen, so sprach Henry zu diesem Zweck zwei Schuhputzer auf dem Boulevard an und bezahlte sie mit einer
Flasche Champagner, worauf für die französische Polizei alle Voraussetzungen erfüllt waren, um
diesen verlorenen jungen Mann zusammen mit dieser ehrlosen Frau in ein fremdes Land entkommen zu lassen. Sie
waren selbst überrascht, auf so geringen Widerstand zu stossen, und fassten es als ein gutes Vorzeichen auf.
Ihre Plätze waren unter falschen Namen bei der Transportgesellschaft bestellt worden; am Tag darauf um sechs
Uhr abends sollte die Abreise sein. Mme Émilie bestieg einen Fiaker, als ob sie eine Aufführung besuchen
wollte, Henry würde mit Morel speisen, er hatte sich sogar mit ihm beim Palais-Royal in der verglasten
Galerie verabredet.
In der Nacht, der letzten Nacht, als er kaum schlafen konnte und zwischen Wachen und Träumen pendelte,
hörte er eine undeutliche Gestalt die Täfelung entlanggehen: es war sie, so wie früher, zitternd
und aufgewühlt wie in der Anfangszeit, ganz in weiss, barhäuptig und mit erhitzter Haut.