Die erste Éducation Sentimentale


  – Und wem würde ich mich anvertrauen, sagte sie, wenn nicht dir? wer auf der Welt liebt mich, wenn nicht du?
  – Da Gott gewollt hat, dass wir uns lieben, wird er uns bei unserer Vereinigung nicht im Stich lassen; und dann werden uns die Tage, die Nächte, die Morgen, die Abende, wird alles uns gehören, Émilie, du wirst meinen Namen tragen, du wirst meine Frau sein, und nur meine, und ich werde dein Ehegatte sein, dein einziger Ehegatte!
  – Ich wünschte, dass es schon so weit wäre, sagte sie.
  – Ich werde dein Leben einrichten, ich werde für dich einen Platz auf der Erde auswählen, ich werde daran wie an einem Nest arbeiten, in das ich meine Liebe hineinlegen kann; ich werde es mit Spitzen und mit Samt auskleiden und es mit Möbeln in deinen und in meinen Farben ausstatten; es wird nur uns gehören, niemand wird einen Fuss da hineinsetzen, ich werde dich beschützen und verteidigen; wenn irgend jemand dich belästigt, dann werde ich das Recht haben, ihn zu töten; unser Glück braucht sich nicht mehr in Zurückhaltung zu üben und sich zu verstecken, es wird sich bei hellem Sonnenlicht entfalten und nach Herzenslust aufblühen.
  – Wenn ich an all das denke, sagte sie, wird mein Herz davon ganz geblendet, wir waren in jenem Haus so glücklich, dass...
  – Das waren wir nie, unterbrach er sie, haben wir es nicht hundertmal verwünscht, sogar in unseren schönsten Stunden? Lasst uns nicht mehr daran zurückdenken, denn diese Erinnerung schmerzt mich wie ein Gewissensbiss. Eines Tages werden wir nach Frankreich zurückkehren, nicht? doch erst dann, wenn die Zeit uns dazu bestimmt; die Gesellschaft, die uns heute ablehnt, wird uns dann akzeptieren, denn ich werde reich sein!
  – Reich?
  – Ja, reich, wieso nicht? Ich werde es machen wie alle starken Männer, die Stein auf Stein ihren Palast gebaut haben, in dem sie herrschen, die in einer Karosse in das Dorf zurückgekehrt sind, aus dem sie barfuss aufgebrochen waren; viele sind weniger wert als ich, und keiner hatte so wie ich in Tagen der Schwäche als Unterstützung den starken Engel, der meinen Kopf in seine Hände nimmt und meine Tränen abwischt.
  – Kind, alle deine Hoffnungen stürmen auf einmal auf dich ein.
  – Nein, ich zähle auf nichts, fuhr er ruhiger fort, auf nichts als auf dich und mich, doch welches Schicksal der Himmel auch für uns vorgesehen hat, vorausgesetzt, dass wir zusammen sind, dass dieselbe Erde uns trägt, dass dasselbe Dach uns Schutz bietet, ist das nicht alles, was wir brauchen?
  – Ja, fahren wir, fahren wir! sagte sie. Noch vierundzwanzig Stunden, die wir hier verbringen müssen, das ist eine Ewigkeit, nur eine Stunde länger zu bleiben wäre Wahnsinn; eines Tages würden wir entdeckt; er ahnt vielleicht schon etwas; kurz davor zu fliehen lässt jede Minute mich zittern. Wenn wir überrascht würden, Henry, wenn wir nicht weggehen würden? Oh! das Leben ist immer so, was für eine Hölle! immer täuschen, immer zittern und sich verbergen, seinen Blick ertragen, seine Gesellschaft, seine Ansprüche!
    Sie verbarg ihren Kopf in ihren Händen.
  – Das hätte uns alles verlieren lassen, weisst du; mein Hass machte mir selber Angst, ich hatte das Gefühl, zu etwas Schrecklichem getrieben zu werden... Oh! ich ich habe dich niemals so geliebt wie in diesem Augenblick, Émilie, niemals, niemals!