Am Morgen machte er mit ihr im Garten einen Spaziergang, er suchte noch einmal all die verschiedenen Plätze
auf, an denen sie an verschiedenen Tagen geweilt, geträumt, geliebt hatten. Er betrat auch das Arbeitszimmer
M.Renauds, liess sich auf seinen Stühlen, in seinem Sessel nieder, sah sich die Titel seiner Bücher an;
er ging in alle Räume, irrte durch die Flure und über die Treppe; als er über das unwandelbare und
doch dank der Erinnerungen, die ihm anhafteten, ausdrucksvolle Wesen all dessen nachdachte, fragte er sich, was er
tun müsste, um sich dessen zu entledigen, und ob es nicht vielmehr Teil seines Herzens geworden war.
Als der Abend näherrückte, hätte er sich gewünscht, dass er entweder gar nicht oder aber gleich,
auf der Stelle käme. So sehr trifft es zu, dass der Mensch dazu geschaffen zu sein scheint, vom Zufall regiert
zu werden; jedes Ereignis, das von seiner Entscheidung abhängt, überrascht und erschreckt ihn wie eine
Aufgabe, die sein Können übersteigt; er wünscht es sich sehnlichst herbei, und plötzlich
beschwört er es, es möge vorbeigehen wie ein Phantom, das einem Angst macht.
Endlich war die Stunde des Aufbruchs gekommen, die für andere Menschen indifferent klang, der jedoch im Leben
der beiden der höchste Punkt, der alles überragende Gipfel war.
Sie zitterten so sehr, dass sie, unbeweglich in ihrer Ecke verharrend, beim ersten Zwischenhalt nicht wagten, sich
anzusehen, geschweige denn miteinander zu reden. Die Mitreisenden in dem Wagen wussten nicht, dass sie zusammen
reisten; nur einmal, als alle schliefen, streckten sie die Hände aus und drückten sie. Erst als sie in Le
Havre in ihrem Hotelzimmer allein waren, begannen sie frei zu atmen.
Der Ausblick erstreckte sich über die Hafenbecken mit den zahllosen Schiffen, deren Masten sich gedrängt
im Nebel abzeichneten; sie traten auf ihren Balkon, um dieses Schauspiel zu beobachten, und ohne es auszusprechen
suchten sie zu erraten, welche unter den vielen gerafften Segeln sich wohl für sie entfalten würden.
Gegenüber ihren Fenstern spielten Schiffsjungen in den Wanten eines Schoners; sein Wimpel flatterte im Wind,
das Meer, das mit Einsetzen der Flut zu steigen begann, strömte bis in den Hafen, und die Schiffe, die von den
Tauen gehalten wurden, schwankten hin und her, als warteten sie ungeduldig darauf, auszulaufen; die geöffneten
Schleusen vollführten nicht mehr den durch das Wasser erzeugten Höllenlärm, in der Stadt gingen die
Lichter an und schimmerten durch die Takelage und die Masten, Fahrzeuge rollten über das Pflaster.
Sie gingen nicht zum Essen in den Speiseraum hinunter, sondern liessen es sich wie frisch Vermählte auf
Reisen in ihrem Zimmer servieren.