Die erste Éducation Sentimentale


    Am Abend gingen sie aus. Sie gingen auf die Mole, es blies ein frischer Wind, die schwappenden Wellen wurden an den Steinen der Uferbefestigung zurückgeworfen; in der Ferne blinkten die Feuer der Leuchttürme in der Dunkelheit wie zwei Sterne; von Zeit zu Zeit zeichnete eine Welle, die sich an einer Sandbank brach, eine helle Linie in die schwärzliche See, die verschwand, wenn eine neue kam. Angesichts des unaufhörlichen Brausens des düsteren Meeres schwiegen sie und schmiegten sich eng aneinander; es war kalt, sie spürten den grauen Nebel der Winternacht eisig auf ihrer Haut; Émilie hüllte sich in ihren Pelz und wärmte ihre erstarrten Finger unter dem Fellbesatz der Ärmel. Es war ein alter Pelzmantel mit Ärmeln und einer Kapuze, wattiert und mit einem braungefleckten Hermelinpelz gefüttert, ein weiches, ausgezeichnetes Kleidungs- stück, voll zärtlichem Streicheln und erregender Süsse; sie öffnete ihn auf einer Seite und umhüllte damit Henry, der in die Kniee ging, mit seinem linken Arm ihre Taille umfasste und sich an sie presste, um sich an der Wärme ihres Körpers aufzuwärmen; sie lächelten beide über dieses kindlich anschmiegsame Verhalten. Sie hatte nasse Füsse bekommen, als ihre niedrigen Schuhe mit einem Schlag von einer Welle, die grösser war als die anderen und die bis zu ihnen geschwappt war, überspült worden waren. Übrigens war es eine ihrer Besessenheiten, zu feines Schuhwerk zu tragen; zu jeder Jahreszeit trug sie immer nur niedrige Sommerstiefeletten, die schon beim geringsten Regen, bei dem sie mit Schmutz besudelt wurden, verdorben waren, doch sie ertrug es recht fröhlich; an diesem Abend stiess sie beispielsweise mit den Fussspitzen gegen die Sandsteine der Böschung und schüttelte die Sohle, wobei sie den Fuss hin und her schlenkerte wie ein Schuljunge.
  – Gehen wir zurück, sagte Henry zu ihr, ich habe Angst um dich.

    Sie gingen, um den Kapitän aufzusuchen. Dieser versicherte ihnen, dass sie an Bord seines Schiffes gut aufgehoben seien und sie alle Annehmlichkeiten des Lebens geniessen würden: völlige Freiheit, das Vergnügen, sowohl auf dem Vorderdeck als auch auf dem Achterdeck zu lustwandeln, sowie dreimal wöchentlich frisches Brot. Er zeigte ihnen ihre Kabine, die mit einem Teppich und mit zwei Waschbecken aus Steingut ausgestattet waren; er bot ihnen an, sie sogleich, noch bevor am nächsten Tag die Segel gesetzt würden, zu beziehen; unsere Helden hatten also nichts weiter zu tun als ihr Gepäck herbringen zu lassen und dann selbst zu kommen.
    Um sich mit dem Kapitän gutzustellen, luden sie ihn ein, in ihrem Hotel zu frühstücken, bevor sie an Bord gingen; der gute Kapitän nahm ohne Umstände an. Er war ein stattlicher Normanne aus der Gegend von Vire oder Falaise, der eine Schwäche für den Cidre in Flaschen und für farbige Frauen hatte, zwei Gründe, wie er sagte, weswegen er in seinem Land geboren sei und häufig nach Martinique segelte. Im Übrigen habe er ein grosses Verlangen, nach Hause zurückzukehren und sein Gemüse anzubauen, er hatte schon seit zehn Jahren in dieser Absicht ein Auge auf ein kleines Haus an der Strasse von Caen nach Cherbourg geworfen, mit zwei Katen inmitten von Apfelbäumen von bester Qualität und einer Wiese dahinter, das Ganze von Hecken umgeben und eingezäunt. Er hätte es schon längst kaufen können, wenn er nicht im Ausland jedesmal, wenn er den Fuss auf festen Boden setzte, so viele Dummheiten machen würde.