Es war allerdings offensichtlich, dass der Vater Renaud ein geborener Gatte sein musste, um von alledem nichts
zu bemerken; man hätte sogar meinen können, dass die Nachlässigkeit der beiden Liebenden einige jener
häuslichen Zusammenstösse provozieren sollte, die das bürgerliche Leben farbiger machen und ihm
die Eigenschaften von Kunst verleihen.[...]
Mme Renaud schien von einer ganz neuen Liebe zu ihm erfasst zu sein; bevor sie sich am Abend trennten, hielt sie
ihm die Stirn zu einem Kuss hin, und nach dem Frühstück zog sie ihn wie früher in den Garten hinaus,
um in Ruhe mit ihm zu reden, während sie gleichzeitig mit ihrer Schere die Heckenrosen beschnitt. Henry, der
sie von seinem Fenster aus lustwandeln sah, verspürte, da er vergeblich zu erraten suchte, was sie sich
wohl sagen könnten, ungewollt seltsame Regungen von Eifersucht in seinem Herzen erwachen; doch waren sie
schnell durch den ironischen und sanften Blick derjenigen, die sie verursacht hatte, ausgeräumt! schneller,
bei Gott, als die durch das berühmte quos ego Neptuns beruhigten Wellen, das von meinem
Rhetorik-Professor so geschätzt wurde.
Er wollte nur wissen, warum sie so aufdringlich vorgab, ihn zu lieben, und ob sie es nicht manchmal, und sei
es auch nur für eine Minute, in Wahrheit so meinte; denn er war ein guter Kerl, dieser arme M.Renaud, und
man konnte ihn lieben; Henry mochte ihn jedenfalls, und er machte sich fast Vorwürfe, ihn so gemein zu
hintergehen.
– Kannst du das wirklich glauben? antwortete sie ihm zornig.
– Wer weiss? sagte Henry.
– Was für ein Gedanke! was für einen schrecklichen Gedanken du da hast! ich und ihn
lieben!
Sie begann zu weinen, und er musste sie trösten. Sie spielte die Eifer- süchtige und malträtierte
ihren legitimen Ehemann wegen Mme Lenoir, wegen der sie ihn beschuldigte, er habe für sie schon seit
längerem eine veritable Leidenschaft. Wenn M.Renaud sich auch nur mit der einfachsten Höflichkeit an sie
wandte oder die kleinste Bemerkung zum Lachen machte, dann gab es von ihr die ganze Woche ein langes Gesicht und
würdevolles Schweigen, das hin und wieder von ausdrucksvollen Seufzern unterbrochen wurde.
Selbst Henry liess sich davon beeindrucken.
– Bist du wirklich eifersüchtig? fragte er sie.
– Ich und eifersüchtig wegen ihr? wegen dieser fetten Gans? Wenn sie hübsch wäre,
so oder so, was würde es mir ausmachen? liebe ich ihn etwa?
– Ganz sicher? fragte Henry noch einmal.
– Wie kannst du daran zweifeln! sagte sie.
Und sie legte ihre beiden Arme um seinen Hals und küsste ihn auf die Augenlider.