Die erste Éducation Sentimentale


    An einem Tag gingen sie, nachdem sie an den Champs-Éysées gegessen hatten, in den Zirkus, um sich ein wenig beim Anblick biegsamer Körper, von Pferden, die über Hindernisse springen, und von kräftgen Schenkeln der Frauen, die auf ihnen reiten, zu erholen. Henry war so sehr damit beschäftigt, von den Trotteleien des Vater Renauds zu erzählen, von seiner jämmerlichen Figur, die er als Ehemann abgab, von seiner anbetungswürdigen Frau und den köstlichen Spielen, die sie mit ihm trieb, dass sein Begleiter die Hälfte der Vorführungen verpasste, da er, um ihm zu antworten, jede Minute den Kopf zur Seite drehen musste, und er, obwohl auf dem ersten Rang, mit dem Opernglas nur schlecht das Ganze überblicken konnte, während sie unmittelbar vor ihm vorbeischebte, die lächelnde Kunstreiterin, die auf der Spitze des einen und mit dem anderen Fuss in der Luft, mit kreisförmig ausgestreckten Armen die Galerien entlang im Kreis ritt, wobei die Peitsche knallte und der Sand aufgewirbelt wurde, und erneut vor ihm vorbei ritt, stolz, mit hoch erhobenem Kopf, die Fäuste auf den Hüften, die Haare flatterten in dem von der schnellen Bewegung erzeugten Wind, der ihr Kleid aus Gaze wie eine Fahne flattern liess.

    Als das ganze Spektakel beendet war, fühlte Henry sich wohler, da Morel ihn dabei kaum verstehen konnte und es ihn selbst in seinen Gedanken störte.
  – Nein, sagte er, als sie zurückkehrten, nein, Sie wissen nicht, was es heisst, von einer Frau geliebt zu werden, die man liebt; wenn Sie das erlebt hätten, dann wüssten Sie, was man unter dem Wort Glück versteht. Ich meine damit nicht die materiellen Gelüste, die sind nichts, sondern es ist diese vollständige Intimität, die euch noch enger zusammenführt, es ist dieses brennende Gefühl fürein- ander, von dem euer Herz erfüllt ist und das einen grösser werden lässt, so dass man weder Hass noch Verlangen verspürt.
  – Es ist wahr, dass ich das nie kennengelernt habe, sagte Morel.
  – Wenn Sie nur der Frau nahekommen, die Sie lieben, fuhr Henry fort, dann ist in Ihnen eine Freude, die wie ein Lied im Innern erwacht, das ganz plötzlich ertönt; wenn ich sie gehen höre...ah! ich kann es Ihnen nicht beschreiben... Sehen Sie, neulich hat sie mir eine Nelke gegeben!...
  – Leben Sie wohl, sagte Morel, wir sind an der Concorde-Brücke angelangt, auf Wiedersehen!
  Und er gab ihm die Hand, zögerte aber, sich von ihm zu trennen.
  – Leben Sie wohl, Sie glücklicher Mensch!
  – Sie nennen mich glücklich?
  – Ja, sagte der reife Mann zu dem jungen Mann. Wissen Sie, ich beneide Sie, ich wäre gern an Ihrer Stelle; leben Sie wohl! sagte er traurig
  Und die beiden Freunde trennten sich.

    Es war Vollmond und er glänzte auf dem Fluss; der war an diesem Abend so schön, dass Henry stehenblieb, um ihn zu betrachten. Ein grosser silberner Fleck breitete sich wie vom Himmel gefallen auf dem Wasser aus; goldene Perlen glitzerten wie angestossen und übereinander rollend im satten Mondlicht, das bis zum Grund des Flusses zu dringen und wie eine leuchtende Schlange in den Wellen zu leben schien; der Schatten der Brücke mit ihren monstruösen Bögen wurde vorwärts auf das Ufer geworfen; alles Übrige war in diesen bläulichen und milchigen Dunst der Sommernächte getaucht, was der Natur einen traumhaften Anstrich gibt.