"Teufel auch! sagte dieser zu sich selbst, ein Kranker in meinem Haus! ein Schwerkranker! Er muss es nur
den anderen mitteilen, und ich bin verloren!... Denn er gehört einer angesehenen Familie Lissabons an! wenn
er stirbt, ist es aus, dann werden keine Portugiesen mehr kommen... und die Kiste Orangen zum Jahresanfang, woher
werde ich die bekommen?"
– Also, sagte Mme Renaud, du musst gehen.
– Aber... aber, wandte der Vater Renaud noch ganz aufgewühlt ein, muss es sein?
– Gehen Sie, Monsieur, gehen Sie, wiederholte Catherine.
– Ja, ich gehe, sagte er unvermittelt, ich beeile mich, und ich werde nicht lange wegbleiben.
Nun, da er mit Mme Émilie, die wieder in ihrem Sessel ihre träumerische Haltung eingenommen hatte,
allein war, bewunderte Henry immer noch die Ausbrüche falscher Leidenschaftlichkeit, die er gerade mitangesehen
hatte, und er verglich sie mit anderen, die sie ihm täglich vorführte; er verglich ihre eben erlebten
Ausbrüche mit Schmollen und mit Zornesäusserungen sowie ihre Rückkehr unmittelbar danach zu
schmeichlerischer Zärtlichkeit, mit den Wut- anfällen im Liebesrausch und den göttlichen Kindereien,
mit denen sie ihn jeden Tag verhexte. Diese unvermutete Ähnlichkeit machte ihn recht nachdenklich; sein Geist
fand auch etwas Abstossendes an der unnötigen Täuschung, an der diese Frau sich so ergötzen konnte.
Er zuckte plötzlich zusammen, sie war es, sie war aufgestanden und war da, vor seinen Augen; sie blickte ihn
lächelnd an und schien ihm zu sagen: "Das alles ist für dich", und dieser Blick drang bis zum Grund
seiner Seele ein und riss in ihm die tiefe Saite des Stolzes an; er begann ebenfalls zu lächeln und streckte
mit einerr unbändigen Wollust seine Arme nach ihr aus, presste sie an sich und drückte ihr einen langen
Kuss auf die makellose weisse Stirn, so aufrichtig ihm gegenüber und so perfide für die anderen.
– Sprich leise, sprich leise, sagte sie und biss sich dabei auf die Lippen, er braucht nur
zurückzukommen.
– Ah! wie du ihm etwas vormachst! fing Henry wieder an.
– Ja, ja, murmelte sie und drückte ihn an ihre schwer atmende Brust, ja, ja, immer, für
dich, für dich!
– Liebst du mich? sagte Henry.
Und mit einem verwirrten Ausdruck im Gesicht antwortete sie:
– Ich hasse ihn! Ich hasse ihn!
Die Tür zum Vorzimmer stand offen, das Haus war voller Menschen, jemand konnte hereinkommen, jemand
ging auf der Treppe, vielleicht konnte man sie im Garten hören, sie zitterten vor Angst, und diese Angst
war zusätzlich zu der anderen eine Wollust mehr; sie kosteten alle Freuden des Ehebruchs in ihrem stummen
Glück, ihrem fortwährenden Rausch aus. Da wird die Dunkelheit vertraut, die Lüge verwandelt sich
in Begeisterung, die Gotteslästerung verströmt ihren Duft der Hölle und steigert sich zum Delirium.
Es ist eine schreckliche Liebe, die solche Bindungen hervorbringt und die dabei so vermessen ist, andere mit
einer abstossenden Rücksichtslosigkeit zu zerstören, sie unter den Füssen zu zertreten.