Erich Maria Remarque:  Arc de Triomphe


    Es ist Morgen, als Ravic durch den nahen Park geht. Auf einer Bank schläft ein mit Zeitungen zugedeckter Mann. Der Paris Soir hat die fette Überschrift: "Hitler erklärt, ausser dem polnischen Korridor keine territorialen Wünsche mehr zu haben." Und darunter in kleiner Schrift: "Hunderte Juden an der Grenze erschlagen."
    Ravic hat sich zur Vorbereitung seines Plans, Haake zu töten, als Holländer Van Horn ein Zimmer im Prince de Galles genommen. Es sind jetzt vierzehn Tage vergangen seit Haakes Abreise, und er schaut regelmässig ins Fouquet's, ob er wieder auftaucht. Als er wieder eine Operation hat, merkt er, dass er durch den Gedanken an Haake abgelenkt ist. Er muss Veber sagen, dass er für ein paar Tage nicht zur Verfügung steht. Er trifft Morosow, der in sein Vorhaben eingeweiht ist, der ihm Ratschläge gibt und ihn unterstützt, er hat ihm auch einen Leih- wagen, ein Kabriolett, besorgt, in dem "es" passieren soll. Als Haake nicht wieder auftaucht, will Ravic schon aufgeben, er findet dieses Indianerspiel lächerlich. Da eines Abends, als er in Rolandes Bordell vorbeischaut, hat er Glück. Haake sitzt als einziger Gast mit dem Rücken zu ihm, bei ihm zwei der spärlich bekleideten Mädchen. Um nicht von ihm gesehen zu werden, geht Ravic. Sein Wagen ist draussen geparkt, er wartet darauf, dass Haake herauskommt. Endlich erscheint er und ruft nach einem Taxi. Ravic fährt zu ihm heran und spricht ihn auf deutsch an, sie würden sich kennen. Haake erinnert sich, "Herr von Horn", er habe ein paarmal angerufen, ob er das Hotel gewechselt habe. Er ist noch unterneh- mungslustig, es ist sein letzter Abend in Paris. Die fast nackten Mädchen, die ihre Brüste betatschen liessen, fand er umwerfend, er staunt, dass hier soetwas zugelassen wird; mit einer zu kopulieren hat er sich aus Angst, sich einen Tripper zu holen, nicht getraut. Ravic bietet ihm an, ihm noch andere Etablissements zu zeigen, und Haake steigt zu ihm in den Wagen.
    Ravic macht den Vorschlag, mit einem Maison de Rendez-vous den Anfang zu machen, es befinde sich im Bois de Boulogne; man träfe dort Frauen der Gesellschaft, die Abenteuer suchen, Frauen mit alten oder langweiligen Männern kämen dorthin für eine oder ein paar Stunden, wie zu einem Cocktail. Er spricht langsam und ruhig, hört sich reden wie ein Touristenführer, umklammert fest das Lenkrad, um ein Zittern der Arme zu unterdrücken. Haake ist interessiert, und Ravic fährt in Richtung Bois. Er durchquert ihn und fährt den Boulevard de la Seine entlang. Haake ist eingeschlafen. Als er nach einer Weile aufwacht, fordert er Ravic auf, umzukehren, ihm sei eingefallen, dass er im Hotel erwartet werde. Ravic geht scheinbar darauf ein, er biegt nach links in eine Allee ein, fährt jedoch auf Strassen, die er in den Tagen davor abgefahren hatte, weiter in den Bois hinein. An einer geeigneten Stelle bringt er den Wagen mit einem Tritt auf die Bremse zum Stehen, wobei er den Stoss abfängt, Haake dagegen wird nach vorn gegen den Rahmen der Windschutzscheibe geschleudert. Ravic greift nach dem schweren Engländer in der Seitentasche und verpasst dem benommenen Haake damit einen Schlag auf den Nacken. Er ist noch nicht tot. Ravic zerrt ihn mit Mühe aus dem Wagen und packt ihn in den Kofferverschlag. Er fährt weiter und hält an einem Wiesenstück. Er hebt den Deckel des Kofferverschlags gerade so hoch an, dass er die Hände um Haakes Hals legen kann, und erwürgt ihn.