Erich Maria Remarque:  Arc de Triomphe


    Er geht ein paar Schritte und merkt, dass seine Beine zittern. Er muss kotzen und sieht einen Mann näherkommen, der Kleidung nach ein Arbeiter oder Gärtner. Ravic zündet sich eine Zigarette an, der Mann blickt auf den Wagen und dann auf Ravic und entfernt sich. Ravic muss sich beeilen, es ist schon zu hell geworden, daher steuert er den Wagen in Richtung St.Germain, wo er die Wälder gut kennt. Er hält an einem kleinen Gasthaus, er ist hungrig, trinkt aber nur einen Kaffee, er kann nichts essen, ehe er die Sache nicht zu Ende gebracht hat. Er fährt durch eine friedliche Landschaft. Ein Dorf, eine Frau mit einem Wäschekorb, spielende Kinder. Er erreicht den Park von St.Germain, stellt den Wagen ab und hebt ein paar hundert Meter entfernt ein Loch aus. Er fährt den Wagen heran, und bevor er die Leiche in die Grube zieht, zerschlägt er mit einem Hammer Haakes Gesicht bis zur Unkenntlichkeit. Das Loch ist etwas zu klein geraten, daher muss er Haakes Kniee gegen den Bauch biegen. Seine Kleidung packt er in den Kofferraum, um sie später verschwinden zu lassen. Er füllt das Loch mit Erdboden auf und deckt es mit den Moosstücken ab, die er vorher ausge- schnitten hatte. Er bedenkt alles bis ins Einzelne, trennt die Etikette aus der Kleidung, zerreisst Haakes Notizbuch in kleine Stücke, ebenso das deutsche Geld und den Pass. Er könnte mit ihm eine neue Identität annehmen, doch das erscheint ihm zu riskant. Das französische Geld, über zweitausend Francs, steckt er ein.
    Als auf der Rückfahrt das Schloss im hellen Sonnenlicht vor ihm erscheint, denkt er plötzlich an Sybil und leistet nun keinen Widerstand mehr gegen die Erinnerungen, an die glückliche Zeit mit ihr, bis zu dem Grauen und der Angst in ihrem Gesicht, als Haake sie hereinführen liess. Er war nie weitergekommen als bis zu der Nachricht, dass sie sich erhängt hätte. Er gleitet durch die Landschaft, fühlt sich leicht und gelöst. Haakes Tod hat den Tod aus Sybils Gesicht gelöst, das nun undeutlich zu werden beginnt.
    Zurück in Paris fährt er nicht direkt zu seinem Hotel. Er lässt den Wagen stehen, nimmt ein Taxi und wechselt es sicherheitshalber. Im International trifft er Morosow. Er meldet ihm den Vollzug und informiert ihn, wo er den Leihwagen abgestellt hat. Er hat plötzlich Kopfschmerzen und will nur noch schlafen. Er wäscht sich und taucht seine Hände in Alkohol. Nachdem er sich eine Injektion gemacht hat, legt er sich aufs Bett und deckt sich mit seinem alten Schlafrock zu. Ihm ist so, als wäre er zwölf.
    Später geht er hinunter ins Zimmer zu Morosow und geht mit ihm Punkt für Punkt seines Vorgehens durch, um sicher zu sein, dass er nichts übersehen hat. Die Schlafwagenkarte hat er verbrannt, Haakes Gepäck ist aber noch am Bahn- hof, und Morosow rät Ravic, die Quittung zu vernichten. Sie untersuchen die Ein- tausendfrancscheine aus Haakes Börse genauer, sie weisen keine Markierungen auf. Ravic will sie wechseln und anonym an den Réfugiéfonds schicken.
    Rolande hat Ravic zu ihrer Abschiedsfeier im Osiris eingeladen. Sie hat genü- gend zusammengespart, um auf dem Land ein Restaurant zu eröffnen. Die Mädchen erscheinen angezogen, die meisten in schwarzen Seidenkleidern, im Nebenzimmer, wo der Tisch gedeckt ist; es ist keine Vorschrift von Madame, vielmehr entspricht es der strengen Etikette unter Huren. Nur ein paar bleiben, gewissermassen um den Betrieb aufrechtzuerhalten, im grossen Saal.