Doch war er zu sehr damit beschäftigt, vom Geld zu träumen, als dass er daran dachte, etwas zu verdienen.
Bald erschien ihm, nachdem seine Wünsche ideale Masse angenommen hatten, das moderne Leben zu klein, und so
ging er zur Antike zurück, um in ihr Objekte des Vergnügens und Stoffe für Ausschweifungen zu finden.
[Es folgen auf mehreren Seiten phantastische Ausflüge in die Vergangenheit, "um die vollständige
verlorengegangene Erinnerung wiederherzustellen", zu den Griechen und Römern, zur Welt des Horaz, Juvenals und
Tacitus', zu Tempeln und Sklaven, zu Cäsar, Antonius, Nero, Caligula, zu Cleopatra, den Ägyptern,
den Karthagern, den Skythen und Persern; er durchstreift fremde Gegenden, Syrien, den Kaukasus, das Indien
Heliogabals usw...
Auf seiner Suche gelangt er zu den Romanen der Moderne, zu Manon Lescaut, zu Rousseau's
Confessions und zum Marquis de Sade; und er kehrt noch einmal in das Altertum zurück, zu
Alexander, den Barbarenhorden, die Rom erstürmen, zu den Arabern in Nordafrika... bis er schliesslich zur
Nachfolge Christi gelangt, sich das mittelalterliche Leben der Mönche, ihre Arbeit mit dem
Kolorieren der Handschriften, ihre Gebete, das Läuten der Glocken usw. vorstellt.]
So sah das Leben aus, das er in seiner kleinen Stadt führte, während Henry in Paris das seine mit Mme
Renaud führte; der eine gab sich dem Strom seiner Vorstellungen, der andere dem seines Herzens hin. Jules
empfand wenig Freude, doch hatte er gewisse Tage, an denen er seine Selbstbezogenheit genoss, so wie ein Adler
in den Wolken.
Er vergab das Quantum an Liebe, das ihm vom Himmel mitgegeben worden war, nicht an ein Wesen oder an eine Sache,
sondern verteilte es um sich herum in seiner Umgebung, in Strahlen der Zuwendung, indem er die Steine belebte,
mit den Bäumen sprach, die Seele der Blumen einatmete, die Toten befragte, mit der Welt verbunden war. Er zog
sich nach und nach vom Konkreten, vom Begrenzten und Endlichen zurück, um ganz im Abstrakten, im Zeitlosen,
im Schönen zu leben. Er liebte weniger Dinge an Zahl, um sie umso mehr zu lieben, er hatte keine politischen
Meinungen, damit er sich mit der Historie befassen konnte.
Er versuchte ein liebevolles Verständnis für die Natur zu entwickeln, eine neuartige Fähigkeit, mit
der er die ganze Welt in vollständiger Harmonie würde geniessen können. Er nahm sich vor, sich mit
der Geologie zu befassen, um sich mit den erdgeschichtlichen Epochen vertraut zu machen, in denen Mastodonten und
Dinosaurier die Erde beherrschten, unter gigantischen Bäumen Riesen- schlangen lebten, als der Ozean sich von
den Hügeln zurückzog und in seinem Bett seine regelmässige Bewegung der Gezeiten begann. Er
beobachtete die Eichen mit ihren schwankenden Ästen und dem rauschenden Blattwerk, so wie andere flatternde
Haare und Lippen, wenn sie zittern, betrachten. Er vermengte in einer allumfassenden Betrachtung die Ameisenhaufen,
die lauten Städte, die blökenden Färsen, die weinenden Kinder, die singende Lerche und den
brüllenden Sturzbach miteinander. Er lauschte den Lauten der Katzen, wenn sie sich in der Traufe paaren,
sowie ihren sehnsüchtigen und schmerzerfüllten Schreien, die der Sehnsucht des Liebenden nach seiner
Geliebten ähneln und dem, was die Geliebte, die sein Herz höher schlagen lässt, ihm antwortet.