Während Henry mit vor Liebe krankem Herzen, nacheinander mal bedrückt und dann wieder fröhlich,
für Momente angewidert und dann wieder trunken, weiterhin in jenem Haus lebte, dessen Mauern ihm, wenn er sich
ihm näherte, heisse Schwingungen entgegensandten, die sich im Einklang mit dem befanden, was er fühlte,
begann Jules, hebräisch zu lernen und bemühte sich ausserdem, griechische Texte zu lesen. Sein Tisch
war voll beladen mit Büchern: Geschichte, ein Atlas, Reisen, Alben über die Antike, Stiche nach grossen
Meistern, ein kleiner Band mit alten Gedichten, moderne Gelehrte in mehreren dicken Folio-Bänden. Er las das
nicht alles, sondern er verfiel darüber ins Träumen.
Da die Menschen, denen er sein Leid hätte anvertrauen können, ihn nicht verstanden hätten und ihm
gleichzeitig kluge Naturen, die Verständnis dafür aufgebracht hätten, fehlten, war er zu allerserst
genötigt, sich in eine völlige Einsamkeit zurückzuziehen und ganz für sich zu leben; so
vollzogen sich die aufeinander folgenden Phasen seines Daseins unter aller Augen, ohne dass man etwas davon bemerkte,
denn die grössten Wendungen dieses rein psycho- logischen Dramas vollzogen sich nicht ausserhalb der zwanzig
und und ein paar mehr Daumenbreiten seines Kopfumfangs.
Nachdem er seiner Illusionen noch jung an Jahren beraubt worden war und doch noch an sie glaubte, auf rauschende
Vergnügungen verzichten musste und er dessen überdrüssig war, von stillen Zerstreuungen zu
träumen, gelangte er eines Tages dahin, Mitleid mit sich selbst und all dem Wirrwar in seinem Leben zu
haben und sich zu wünschen, endlich aus diesem unsichtbaren Gefängnis, in dem er sich im Kreis
drehte wie ein Bär in seinem Käfig, auszubrechen. Da er des Denkens oder dessen, was er dafür
hielt, müde war, wollte er sich im Handeln erproben. So wollte er, keusch wie er war, auf einmal die
Begierde; als Bürgerlicher geboren, entstand in ihm der Wunsch nach Reichtum; vom Himmel als so sanft
erschaffen wie ein Lamm, ergötzte er sich auf einmal am Lärm der Hörner und sinnierte über
das Aufeinanderprallen von Armeen. Er frönte also allen Leidenschaften, stellte sich alle Gelüste,
alle Ansprüche, alle Begierden vor; sie tauchten nacheinander auf, schnell wie wilde Pferde, die nach
Herzenslust, wiehernd und mit im Wind flatternden Mähnen, durch die weite Ebene seines Herzens
galoppieren.
Zuerst war es das Geld.
Er wünschte es sich wie ein Verschwender oder ein Dieb; um sich damit grosse schattige Rasen mit
hundertjährigen Eichen leisten zu können, sowie Wälder, in denen Rehe über das Moos laufen,
einen Palast mit einem marmornen Peristyl, mit antiken Statuen und einer Galerie mit alten Gemälden, ein
Treibhaus, in dem Palmen aus dem Boden spriessen, in dem man Aloe und Kakteen halten, unbekannte Früchte
essen und sehr fremdartiges Blattwerk berühren kann; um einen schwarzen Hengst zu besitzen, mit einer Trense
aus Gold im Maul und einem Löwenfell auf dem Rücken, darauf ein athletischer Schwarzer in einer Livree
aus roter Seide mit silbernen Knöpfen, mit nackten Armen und Beinen, von einer grossartigen Gestalt und
einem machtvollen Auftreten; um sich eine gutgenährte Dienerschar zu halten, die sich im Vorzimmer
drängt und euch beim Essen zu trinken einschenkt; um den Tag zur Nacht zu machen, Eis im Sommer und
Früchte im Winter zu verzehren, mit Mahagoniholz zu heizen und sich die Füsse mit Kirschwasser zu
waschen, um ein anmassendes und herablassendes Leben zu führen, sich von dem gemeinen Volk feiern zu lassen
und von den braven Bürgern verabscheut zu werden, um eine Schar von Taugenichtsen zu ernähren und einen
Haufen von Dummköpfen auszustechen. Er hätte sich gern in eine Goldmine begeben, um in den Eingeweiden
der Erde die warmen Ausdünstungen der Metalle zu spüren.