JP Sartres  L'Âge de Raison


    Mathieu nimmt ein Taxi und lässt es in einiger Entfernung vom Hotel halten. Er betritt Lolas Zimmer, sie liegt halb aufgedeckt, reglos da. Er ruft leise ihren Namen, sie rührt sich nicht. Er findet den Schlüssel in ihrer Handtasche, kniet vor dem Koffer nieder und öffnet ihn. Er enthält haufenweise Scheine von Geld, Mathieu brauchte nur zuzugreifen, und sein Problem wäre gelöst. Er entnimmt das Bündel Briefe mit dem gelben Band und schliesst den Koffer wieder. Ich habe nichts genommen, sagt er sich, als er schon draussen im Korridor ist, ich bin ein Schwachkopf. Der Gedanke an Marcelle, dass sie doch zu der Kurpfuscherin gehen, oder er sie heiraten muss, lässt ihn schwer atmend innehalten. Nein, nein! Er kehrt um und betritt das Zimmer ein zweites Mal. Lola hat die Augen weit geöffnet und schaut ihn an. Sie sagt mit schwacher Stimme: Wer ist da? Sie fragt nach Boris. Mathieu erklärt ihr, dass er Angst bekommen habe, als er sie am Morgen reglos daliegen sah. Lola: Er hat wohl angenommen, ich sei tot? Es geht mir manchmal so, wenn ich... er weiss schon, warum; bis zum Abend geht es wieder. Sie hat die Augen wieder geschlossen, sie bittet Mathieu, Boris zu ihr zu schicken. Mathieu denkt sich, dass es sich jetzt als ein Glück herausstellt, dass er das Geld nicht angerührt hat. Andererseits zählt seine Schwäche, es nicht genommen zu haben.
    Mathieu kehrt zum Dôme zu den Geschwistern zurück. Als er ihnen eröffnet, dass Lola lebt, ist Boris fassungslos, er habe sie doch tot gesehen. Mathieu berichtet ihm Lolas Wunsch, dass er zu ihr kommt; er lehnt vehement ab, für ihn ist sie gestorben. Als Mathieu ihn am Arm packt, reisst er sich heftig los, unter keinen Umständen will er sie jetzt sehen, sie zu berühren wäre ihm unerträglich, und mit einem unaufrichtigen Ausdruck fügt er hinzu: vielleicht morgen. Ivich stellt sich auf seine Seite, es gebe etwas, das Mathieu nicht empfinden könne. Machtlos sieht er die beiden Dickköpfe an, sie kommen ihm wie Kinder vor. Er fragt Ivich, ob er sie zur Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse, die in zwei Stunden stattfindet, begleiten soll, sie lehnt ab, Boris wird mitkommen.
    Von einer Telefonkabine aus versucht Mathieu, Lola anzurufen, eine Stimme meldet sich. Er bittet, Mme Montero eine Nachricht von Boris zu übermitteln, er könne nicht kommen. Dann ruft er auch noch Sarah an, die wissen möchte, ob er etwas erreichen konnte, um das Geld für den jüdischen Arzt aus Wien aufzu- treiben, der in einigen Tagen Frankreich verlassen wird. Er verneint und macht den Vorschlag, ob er vielleich akzeptieren würde, dass ihm das Geld nach Amerika nachgeschickt wird. Sie könne es versuchen, antwortet Sarah ohne Begeisterung.
    Als die Geschwister allein sind, macht Boris seiner Unzufriedenheit über Mathieu Luft: Er ist ungerecht, so wie er mich behandelt hat – Mathieu hatte ihm einen kleinen Klaps gegeben –, behandelt man keinen Menschen. Ich bin kein Hourtiguère (hat wohl die Bedeutung von "Lakai" o.ä.) Er rechtfertigt sich damit, dass er seine Weigerung, Lola aufzusuchen, im Gegensatz zu Mathieu für moralisch hält, moralisch sich selbst gegenüber, worauf Ivich entgegnet, sie pfeife auf die Moral. Boris ist enttäuscht, er hätte sich gern eins mit seiner Schwester gefühlt, aber ihre Meinungen über Mathieu sind zu unterschiedlich, es ist, als sprächen sie nicht über dieselbe Person. Er will nicht, dass Lola leidet, darin ist er sich mit Mathieu einig. Ivich stellt ihn auf die Probe: gut, dann müsse er nur zu ihr fahren. In Wirklichkeit will sie ihn dazu bewegen, dass er sich von ihr trennt. Es wäre das Beste für ihn.