JP Sartres Âge de Raison


    Daniel kehrt mit weichen Knieen in seine Wohnung zurück, angsterfüllt und in Gedanken voller Selbsthass: Die Lunte brennt, am Ende ist das Pulverfass. Auf dem Nachttischchen liegt das aufgeklappte Rasiermesser. Seine Hand zittert, als er es in die Hand nimmt. Er muss es selbst tun, niemand hilft ihm dabei. Er blickt zum Boden: Ich werde leblos daliegen, mit geöffneter, getränkter Hose, und das blutige Rasiermesser wird daneben liegen.. Er will es tun, er sieht sich um, wartet auf ein Zeichen, er geht zum Fenster und blickt zum Himmel. Er nimmt das Rasiermesser in die linke Hand. Mit der rechten greift er in seine Brieftasche und entnimmt ihr fünf Scheine. Er steckt sie in einen Umschlag, den er mit Mathieus Namen und Adresse beschriftet. Er hat die ganze Nacht, um sich zu entscheiden.
    Er hat das Rasiermesser auf den Tisch gelegt und geht um ihn herum. Morte la bête; die Bestie ist zwischen seinen Beinen. Er berührt die Klinge, seine Hand müsste den Rest erledigen. Er springt zurück und flieht aus der Wohnung, durch die geöffnete Tür entwischt auch eine seiner Katzen. Er geht in die von Norwegern betriebene Bar Roi Olaf und bestellt einen Whisky. Seine Gedanken kehren zu dem Rasiermesser auf dem Tisch zurück. Keinesfalls will ich in die Wohnung zurück, denkt er, und bestellt noch mehr zu trinken. Er zerschmettert ein Glas auf dem Fussboden. Ich wusste, dass ich es nicht fertigbringe, sagt er sich. Mathieu fällt ihm ein, der in diesem Augenblick zu der Aussprache bei Marcelle sein müsste, und er denkt: "Ich habe ihm sein Leben vermasselt".

    Am Abend sucht Mathieu Marcelle auf. Er fragt sie, wie es ihr geht. Gestern sei sie sehr angespannt gewesen, sie habe aber gut geschlafen. Sie sitzen nebeneinander auf dem Bett, Marcelle ist unter ihrem Morgenmantel nackt, und Mathieu denkt: sie hat schöne Brüste. Er streichelt ihren Nacken, und sie küssen sich. Sie fragt ihn wegen seiner verwundeten Hand aus. Während sie die Wunde versorgt, den verschmutzten Verband abwickelt, sie mit Alkohol reinigt und mit einem Pflaster versieht, muss er ihr berichten, wie es passiert ist. Als er erzählt, was im Sumatra vorgefallen war, dass er mit den Geschwistern Serguine, Boris und Ivich, und mit Lola zusammen war, meint sie halb vorwurfsvoll, dass sie so selten zusammen ausgingen, und dass sie sich wünsche, er würde sie auch einmal ins Sumatra ausführen. Er versucht abwehrend, sie zu vertrösten, und muss ihr versprechen, dass sie es im Herbst einmal zusammen aufsuchen würden.
    Dann zeigt er ihr das Geld. Sie scheint zunächst nicht zu begreifen. Er erklärt ihr, dass sie mit den 5000 Francs den jüdischen Arzt aufsuchen könne, dessen Klientel aus bessergestellten Leuten bestehe. Nach einer Pause fragt sie, wie er das Geld aufgetrieben habe. Sie weiss, dass er es nicht von Daniel bekommen hat. Als sie weiter nachfragt, von wem er es habe, gesteht er, dass er es gestohlen hat, von Lola, wobei er sich den Schweiss von der Stirn abwischt. Nach einer Weile sagt sie mit einem erstarrten Gesichtsausdruck: "Es geht dir also darum, das Kind loszuwerden!" Auf seine Frage, ob sie ihm wegen seines Handelns einen Vorwurf mache, meint sie, nein, es amüsiere sie, und sie lache auch über sich selbst.