Währenddessen ging durch das Schiff ein Ruck, Seeleute, Frauen, Kinder eine lange Reihe von Menschen, die
an einem Seil zogen, bugsierten es aus dem Hafenbecken, damit es sich unter den Wind setzen und lossegeln konnte,
dann liess man die Leine los, stiess Schreie in die Luft aus, schüttelte sich zum Abschied die Hände,
schwenkte Hüte und Taschentücher, und das Schiff nahm Fahrt auf.
Eine kräftige Brise aus Nord-Ost trieb sie mächtig an, und bald waren sie hinter dem Horizont
verschwunden.
Zweifellos war Henrys Seele von einer gewaltigen Hoffnung erfüllt, als er sich auf diesem Schiff, das sein
ganzes Herz und seine ganze Liebe trug, gewahr wurde, dass er im Begriff war, in einen neuen Erdteil aufzubrechen.
Das Schiff, das ruhig auf seinem Kiel lag und die Segel halb gesetzt hatte, durchschnitt das Wasser mit tausend
lustvollen Geräuschen; seine Flagge peitschte die Luft und drehte sich im Wind, die Fransen des Zeltes
bewegten sich und schlugen aneinander, die Masten bogen sich und richteten sich wieder auf, und der Rumpf selbst
machte sich wie ein riesenhafter Leib, der atmete und sich bewegte, Luft und liess sein Gerippe knarren. Sie
standen auf ihre Ellbogen gestützt am Schiffsheck und sahen zu, wie sich das Kielwasser unter ihren Blicken
bildete, anwuchs und wieder verschwand; sie sprachen nicht, doch sie pressten sich mit um ihre Taillen gelegten
Armen fest aneinander; es war so als wollten sie sich, ohne Worte zu benutzen, im Herzen ihre gemeinsamen
Erinnerungen, ihre zu zweit gehegten Hoffnungen, ihre unbestimmten Ängste, ihr Bedauern, vielleicht auch
ihre Befürchtungen mitteilen und all das in einen Gleichklang bringen:
Henry fühlte sich stolz und stark wie der erste Mann, der eine Frau entführt, sie mit seinen Armen
gepackt und in seine Höhle geschleift hat. Damit verdoppelt sich die Liebe durch den Stolz, das Gefühl
der eigenen Kraft gesellt sich zu der Freude des Besitzens, man ist wirklich der Meister, der Eroberer, der
Liebhaber; er betrachtete sie auf eine ruhige, heitere Weise, mit nichts in der Seele als Milde und Strahlen, er
gefiel sich darin, sie für schwach und wehrlos in der Welt zu halten, die für ihn alles aufgegeben hatte,
die alles in ihm zu finden hoffte, und er versprach sich, nicht zu versagen, sie im Leben zu beschützen, sie
noch mehr zu lieben und sie immer zu verteidigen.
Was sie betraf, so schien sie, sorglos, unbekümmert, ja fast träge, an nichts zu denken; die Frauen
zeigen manchmal einen grossartigen Wagemut, der sie vielleicht nicht viel kostet: Vermisste sie Paris? Aglaé?
ihr Haus? ihr gewohntes Leben? ganz sicher nicht ihren Ehemann. So wie das Schiff sich vom Wind treiben liess und
das Meer durchschnitt, so überliess sie sich dem Atem ihrer Liebe, die sie durch das Leben trug, – der
Vergleich ist nicht neu, aber die Umstände legten ihn nahe; hier war er am Platz.
Ich kann es mir nur im Traum vorstellen und nichts über diese ausserordent- liche Melancholie der Reise
sagen, was sie, was das Schiff, das im Meer seine Furche zieht, in eurer Seele hinterlassen muss; ich habe nie
rosiger strahlende Himmel auf grösseren Blättern leuchten, noch einen heller blinkenden Sternenhimmel
sich in einem tieferen Meeresblau spiegeln sehen; wenn es Nacht geworden ist, muss es angenehm sein, den Frieden
des alten schlafenden Ozeans in sich aufzunehmen, eine Rolle quietschen, die Segel fallen und den Horizont summen
zu hören. Werde ich jemals den Mond über den Segeln leuchten sehen? die Takelage, die ihren Schatten auf
die Brücke wirft? und die Sonne, die aus den Fluten aufsteigt und den roten Schweif ihrer Strahlen in die
Höhe wirft?