Die erste Éducation Sentimentale


  – Nun, seit einiger Zeit... in seinen Briefen... ich glaubte zu bemerken... da waren einige Dinge... eben so... ich kann es nicht sagen... aber...
  – In seinen Briefen, sagst du?
  – Ja, ist es dir nicht aufgefallen, dass er eine merkwürdige Schreibweise hatte... eigenartige, überspannte Sätze... Ausdrücke...
  – Romantische! rief M.Gosselin aus. Hätten Sie das geglaubt, hätten Sie, Monsieur Morel?
  MOREL – Aber das ist kein Grund, um...
  M.GOSSELIN – Zweifellos muss er den Kopf verloren haben, ein Augenblick von Verrücktheit, von Verwirrung.
  Mme GOSSELIN – Sie hat ihn dazu gebracht, ganz bestimmt!
  M.GOSSELIN – Kann sein, das würde mich nicht überraschen...
  MOREL ruhig – Es wird schwer sein, ihn da herauszuholen!
  M.GOSSELIN seufzend – Das wird ihm für seine Zukunft schaden, der arme Junge (sich ereifernd) Was für eine Idee! was für eine Idee! mein Gott, was für eine Idee! Es wäre mir lieber gewesen, wenn er schon unbedingt über die Stränge schlagen musste, wenn er sich wie alle jungen Leute eine Geliebte genommen hätte. Teufel auch! wir wissen doch, dass man mit zwanzig nicht wie ein Eremit leben kann; ich war auch einmal jung, ich weiss doch, wie das ist.
  Mme GOSSELIN – Was für ein Weib! auf diese Weise meinen armen Henry zu verlieren!
  M.GOSSELIN – Nach allem schickt eure Kinder nach Paris!
  Mme GOSSELIN – Ja, verlasst euch darauf!
  M.GOSSELIN – Sie glauben sie in Sicherheit, fleissig, gut überwacht, ihren Pflichten nachgehend...
  Mme GOSSELIN – Aber keineswegs! da braucht bloss eine Ehrlose wie sie daherzukommen!...
  Morel schaut hinaus und bemerkt, dass das Fahrzeug langsamer fährt.
  Mme GOSSELIN, fortfahrend – eine ehrlose Frau, die ihnen die Existenz vergiftet! (Dann mit einer energischen Handbewegung) Frauen wie diese müsste man aufhängen.
  M.GOSSELIN – Ich habe diese Dame noch nie gesehen, wie ist sie?
  MOREL mit weit geöffneten Augen lächelnd – Aber sie ist eine treffliche...
  Mme GOSSELIN – Ein Albtraum, mein Freund, ein Albtraum!
  M.GOSSELIN – Gross? klein? dunkel? blond?
  MOREL – Gross.
  Mme GOSSELIN ihn jedesmal, wenn er sprechen will, unterbrechend – Eine riesengrosse Lasterhaftigkeit!
  MOREL, fortfahrend – Braun.
  Mme GOSSELIN ihn unterbrechend – Schwarz wie ein Maulwurf.
  MOREL fortfahrend – Von einem recht angenehmen Äusseren, eine stattliche Frau.
  Mme GOSSELIN wütend – Ja, eine Kuh! und immer ohne Korsett!
  MOREL – Schöne schwarze Augen.
  Mme GOSSELIN – Ein schamloses Weib! eine Kokette, mein Freund!