Die erste Éducation Sentimentale


    Nun war Henry also mit Mme Renaud in New York. Er musste überlegen, wovon er hier leben sollte. Nachdem sie an Land gegangen waren, waren ihre sechstausend Francs bereits in kurzer Zeit auf viertausend geschrumpft, da die Geldmittel in jenem Erdteil ebenso schnell in der Sonne dahinschmolzen wie in dem unseren.
    Das Geld ist ein Jagdtier, von dem wir unser Leben bestreiten; kaum hat man es manchmal am Schwanz gepackt, da entgleitet es schon unseren Händen, und man fällt auf seinen Allerwertesten. Oh! ich werde dir nicht bis zur Erschöpfung nachjagen, du Jagdtier mit hundert Füssen und dem Kopf eines Esels! doch kommst du nur einmal auf Armlänge in meine Nähe, dann werde ich dir die Knochen brechen, dich in die Luft schleudern und in allen vier Winkeln der Erde in alle Winde verstreuen.
    Er kündigte sich also in den Zeitungen als Lehrer für Französisch, Literatur und Geschichte an, doch es meldete sich niemand, um irgendwelche Stunden zu nehmen. Daraufhin mietete er ein grosses Lokal, um einen öffentlichen Kurs abzuhalten, doch es kamen keine Zuhörer; eine ganze Woche lang besass er jeden Abend die Hartnäckigkeit, sich auf seinen Stuhl zu setzen und ganz allein die Öllampen brennen zu sehen. Danach blieb er zu Hause und verbrachte die Abende zusammen mit Émilie.

    Das materielle Leben, dessen aufreibende Seite er bis dahin kaum zu spüren bekommen hatte, begann ihn mit all seinen Scheren in die Zange zu nehmen und mit seinen Krallen zu zerreissen. Eine scheussliche Sache! sie mussten sich wegen des Essens und Schlafens Sorgen machen; sie gingen nach Boston, weil sie glaubten, dort bessere Chancen zu haben, dann nach Baltimore, und kamen schliesslich nach New York zurück, ohne Aussichten, dass es dort besser wäre, doch zumindest darauf hoffend.
    Vergeblich wandte er sich nach allen Seiten und zermarterte sich den Kopf, um sich etwas auszudenken oder auszuführen, mit dem er seinen Lebens- unterhalt verdienen könnte, doch weil er weder das Wissen noch irgendeine Fertigkeit besass und so gut wie gar nicht deren Grundbegriffe beherrschte, war er nicht einmal in der Lage, sich um eine Anstellung als Buchhalter bei einem Talg- oder Tuchhändler zu bemühen; eine Unfähigkeit, über die er im Grunde stolz war, jetzt jedoch, da er durch die Notwendigkeit, die ihn in seinem Ansehen erniedrigte, gedrängt wurde,klopfte er an die Türen aller Büchereien, bewarb sich als Übersetzer und Herausgeber von Publikationen aus Übersee, und man bot ihm an, Kommentare und Übersetzungen anzufertigen, und dankte ihm für seine Dienste.
    Die Beunruhigung wegen der Zukunft und die gegenwätige missliche Situation wurde durch die Anwesenheit Émilies noch vergrössert, die täglich Zeugin seiner Enttäuschungen und Ängste wurde.