Die erste Éducation Sentimentale


    Wie schön sie doch war, diese Frau, deren sanfte Stimme mit ihren ausgeprägten Modulationen ihre Sätze mit einzigartigen Zärtlichkeiten erfüllte! Immer ruhig, heiter und lächelnd wie beim Erwachen aus einem angenehmen Traum, nie eine Klage, kein Bedauern. Wenn sie trunken war von dem Blick, der ihr jeden Morgen aus den Augen ihres Geliebten entgegenleuchtete, dann verging ihr Tag damit, dieses Glück zu verdauen, das sich alle Abende erneut bestätigte. Was bedeutete ihr die Zeit, die hinter ihr lag und an die sie nicht mehr dachte, und die Zeit, die vor ihr lag und deren Tage so herrlich sein würden wie der heutige? Die existenziellen Nöte, von denen sie nichts spürte, und die inneren Qualen Henrys, von denen sie, da sie sie nicht selbst erlebte, sich nicht einmal vorstellen konnte, dass sie existierten? Sie lebte mit ihm, bei ihm, für sie beide, brauchte es mehr? Sie begnügte sich damit, ihn ununterbrochen mit ausgesuchter Zuwendung zu umsorgen, immer auf der Suche nach etwas, das ihm gefallen und ihn glücklich machen, ihm eine Freude bereiten oder ein Lächeln hervorzaubern könnte, und wollte letztendlich Henrys Leben mit ihrer Liebe umfangen wie mit zwei Engelsflügeln. Sie wachte über alle Einzelheiten des Haushalts, und die Annehmlichkeiten der Wohnung beruhten einzig auf ihrer Gegenwart, denn sie berührte alles, veredelte alle Dinge und gab ihnen einen besonderen Duft; die Kleidung, die Henry trug, war von ihr instandgehalten worden, sie machte selbst das Bett, in dem sie schliefen, sie beschnitt die Federn, mit denen er schrieb, und beugte sich über seine Schulter, wenn er arbeitete; wenn er das Haus verliess, um einen Kurs zu geben, schickte sie ihm vom Fenster Küsse hinterher, und wenn er zurückkam, war sie zur Stelle, um ihm, kaum dass die Tür sich öffnete, um den Hals zu fallen und sich an seine Lippen zu hängen. Es war mehr und mehr ein vollständiges Aufgeben von allem, was nicht ihr Geliebter war, eine tiefe Abkehr von Gott und den Menschen, eine vollständige Ausschliesslichkeit, in der sie wie in einer eigenen Welt lebte. Ebenso wie für alle Glücklichen hatte ihr Himmel nur einen einzigen Stern.

    Doch in den süssesten Augenblicken, obwohl es ein stilles, anhaltendes Glück war, das jeden Ort ihres Daseins erfüllte, sowie belebt wurde von jenen plötzlichen erhitzten Ausbrüchen gleich den Kaskaden im Frühling, in ihren sanftesten Stunden hatte sie, sage ich, ihm immer weniger zu sagen und beglückte ihn immer weniger mit dem kindlichen Gezwitscher, mit dem sie früher so verschwenderisch gewesen war; sie sprach nicht mehr von anderen Männern, um dann hinzuzufügen, dass sie ihn allen vorziehe, sie teilte ihm keine Vertraulichkeiten mehr mit, noch berichtete sie ihm über ihr Innerstes; tatsächlich war alles gesagt, erneut gesagt und hundertmal wiederholt worden, das Reden war überflüssig geworden; alles wurde durch einen Blick und durch ein Lächeln gesagt, ein ewiges Lächeln! Der Kreis der Aussenwelt verengte sich mehr und mehr, sie schien immer weniger fähig zu sein, über eine Vielzahl von Dingen zu reden, von denen sie in der Anfangszeit meinten, dass die Freude daran nie versiegen würde. Überall und jederzeit, bei allem und nichts, war es Henry oder etwas, das sich auf ihn bezog, mit ihm befasste sie sich in Gedanken am ausgedehntesten, verband sie die sonderbarsten Vorfälle.