Er fühlte sich noch durch das, was von seiner Liebe übrig war, von ihr angezogen, von Erinnerungen, die
er wie Reliquien verehrte, und durch das Gewahrwerden seiner Hingabe – die er allerdings viel geringer
einschätzte, von der er so viel für sie gehabt hatte, ohne sich damit besser zu fühlen –,
schliesslich durch ein gewisses Etwas, zusammengesetzt aus Fleisch und Geist, das aus beidem entströmte und
etwas von einem Engel und von einem Tier enthielt, das den Mann in die Arme der Frau treibt, das ihn sie in ein
und derselben Minute begehren oder unter ihren Augen lächelnd sterben lässt, das Gott als Belohnung
und als seine Strafe in seine Eingeweide gepflanzt hat.
Er trennte sich nicht so schnell von diesem Herzen, in dem er vollständig eingeschlossen war, noch von diesem
Körper, der alle seine Sinne reizte, und manchmal, wenn sie ihre Hände in die seinen legte, brachte es
ihn immer noch zum Erbeben und weckte in ihm die alten Sinnesfreuden, die ihre Grossartigkeit verloren hatten. Die
Regelmässigkeit des Vergügens und der Befriedigung der körperlichen Bedürfnisse traten an die
Stelle des Liebestaumels, seiner fürchterlichen Übertreibungen und der melancholischen Glücksmomente;
sie war nur noch eine schöne Frau, mit der man einen Liebeshandel betrieb, die einen angenehmen Charakter
besass und in den übrigen Stunden das Tages nicht allzu sehr auf die Nerven fiel.
Obwohl der Honigmond, wie es heisst, für Liebende länger dauert als für Verheiratete, währt
er nicht ewig; der unseres Paares jedenfalls war vorbei. Die Liebe ist für alle dieselbe Reise auf derselben
Strasse, sei es im Galopp, in der Kutsche, zu Fuss oder hinkend; es ist immer derselbe Pfad, durch immer dieselben
lieblichen Täler, am Rand derselben Abgründe, auf denselben Gipfeln, die an den Himmel reichen, mit
denselben Verblendungen, derselben Ermattung und demselben Bedauern. Ihr werdet nicht immer auf einer
blumenübersäten Wiese liegen, die Nachtigall schlagen hören und den Duft der Rosen einatmen;
ihr werdet an das Ende gelangen, so wie die anderen, wie die, die vor euch kamen und die, die nach euch kommen
werden, wie es dem Greis erging und wie es dem Kind ergehen wird, das lächelnd an der Brust seiner Amme
liegt: Eine ewige Pilgerreise, lang für die einen, kürzer für die anderen, mit etwas weniger Regen
oder ein wenig mehr Sonnenschein; den Dummköpfen ergeht es ebenso wie den Helden, den Krummen ebenso wie den
Buckligen, den Schielenden ebenso wie den Blinden, den Knirpsen ebenso wie den Riesen.
Die äusseren Umstände, die zweifellos einen Einfluss auf sein moralisches Leben hatten, machten es ihm
erträglicher, oder war es im Gegenteil sein Inneres, das ruhiger geworden war und auf die Dinge draussen einen
Frieden ausstrahlte, jedenfalls lebte Henry fast glücklich, und die Tage vergingen für ihn mit einer
friedlichen Eintönigkeit, versüsst mit kleinen Freuden und kleinen Glücksmomenten, jeder neue Tag
glich dem vorangegangenen, und alle glichen einander.