Die erste Éducation Sentimentale


    Es war ihm endlich gelungen, einige Stunden zu geben und damit ein wenig Geld zu verdienen; übrigens bekam er noch etwas aus anderen Quellen, und tatsächlich musste er sich nicht allzusehr beklagen. Er gestaltete Handzettel für Händler und ersann Reklamesprüche für die Konditoren; ausserdem fertigte er für sechs Francs euer Porträt auf blauem Papier an, zweifarbig mit dem Stift und mit eindeutiger Ähnlichkeit. In der Folge hatte er sich an einen recht bescheidenen Lebensstil gewöhnt: am Morgen war es Henry selbst, der bei geöffnetem Fenster seine Stiefel wichste und seine Kleidung abbürstete, wobei er fröhlich vor sich hin pfiff wie ein Student aus der Rue Saint-Jacques und nur hin und wieder seine Augen sich erholen liess, indem er seine Geliebte ansah; Émilie ihrerseits machte selbst die Einkäufe, putzte das Gemüse mit einem Messer mit dem hübschesten Griff aus Schildpatt, den man sich vorstellen kann, und liess den Suppentopf brodeln, den man nicht jeden Tag aufsetzte.

    Henry verlor sich in dieser bürgerlichen Lebensweise – die anderen im Gegensatz zu uns als der reizvollste Teil dieses Buches erscheinen mag, einer, der die herzergreifendsten Entwicklungen und die Gelegenheit zu den liebens- wertesten Beschreibungen hätte bieten können; doch abgesehen davon, dass ich diese Art von Stil verabscheue und euch damit verschonen möchte, kommt nun tatsächlich die Zeit, jede Person der Handlung ihr abschliessendes Lied anstimmen zu lassen – also Henry fühlte sich umso mehr verloren, in dieser Mittelmässigkeit zu leben und zu fühlen, würde sie noch länger andauern; er hätte sich daran gewöhnt und wäre für immer in ihr versunken, so wie Sie sich, werter Herr, an das provinzielle Leben, an Ihre Gattin oder an Ihren Beruf gewöhnt haben, der Sie früher so sehr angeödet hat. Zuerst weint man, weint sehr laut, dann gewöhnt man sich nach und nach daran, man findet sich ab, findet Gefallen daran, man versinkt darin, steckt fest und besudelt sich, und schon schwimmt wieder einer im Essig und verbringt sein Leben in einem Glasgefäss.

    Doch da tauchte der Gedanke an eine Rückkehr nach Frankreich auf, in das gute alte Heimatland, wo man so glücklich gewesen ist; Henry würde seine Familie wiedersehen, würde seine Mutter umarmen, es packte ihn hin und wieder eine solche Sehnsucht, dass er den Kopf verlor und den Weg zum Hafen einschlug, um die Schiffe zu beobachten, die ankamen oder ausliefen; auch Émilie gestand, dass sie so gern Paris wiedersehen würde. Ich weiss nicht, woher aller beider Wunsch kam, dorthin zurückzukehren, noch wer ihn als erster aussprach, aber dieser Plan einer Rückkehr wurde mit einer ebenso grossen Begeisterung gefasst, wie es achtzehn Monate zuvor mit dem Plan, fortzugehen geschehen war.
    Vielleicht trug sich jeder von ihnen schon seit längerem heimlich damit und wagte aus Scham nicht, es anzusprechen, sondern wartete einen günstigen Augenblick ab, in dem sich ein Vertrauen von selbst ergab; daher waren sie, als es dann so weit war, gar nicht überrascht, denn wenn in der Welt ein Ereignis geschehen muss, dann naht es unaufhaltsam wie auf einer geneigten rutschigen Fläche.