Fünfundzwanzigstes Kapitel
Zwei Männer gehen die Strasse entlang; der eine ist ungefähr 25, sein Absatz trifft behende und
fest auf das Pflaster, sein schmaler Körper ist in einen feinen, enganliegenden blauen Mantel gehüllt,
dessen Knopfloch eine weisse Kamelie schmückt, mit der Hand schwenkt er seinen leichten Spazierstock; auf
seinem Gesicht, dessen Jugendlickeit jedoch von einem ernsten Ausdruck der Reife gezeichnet ist, drücken sich
Selbstvertrauen und Kraft aus. Der zweite ist klein, dick, untersetzt und fett, sein Unterleib steckt in einer
weiten faltigen Hose, und seine Füsse, wahrscheinlich mit Hühneraugen besetzt, machen sich in
geschnür- ten Schuhen breit; er trägt eine Art schwarzen Überzieher, der ihm um die Hüften
flattert, und sein flacher Hut ist auf den Hinterkopf mit den braunen und schon ergrauenden Haaren geschoben,
die leicht gekräuselt auf seinen Kragen fallen; eine silberne Brille mit bläulichen Gläsern
bedeckt seine Augen, er trägt keine Handschuhe, er trottet gemächlich und rudert mit den Armen, ohne
sich besonders schnell vorwärts zu bewegen, obwohl man annehmen muss, dass er in Eile ist und und mit
seinem Schnaufen und den geröteten Wangen ausser Atem zu sein scheint.
Nun befinden sie sich vor dem Eingang des Luxembourg-Parks, der zur Rue de Vaugirard hinausgeht, und
gegenüber den Galerien des Odéon, in die wir früher häufig gingen, um Zigarren zu rauchen
und herumzuschlendern, wenn es regnete. Der eine geht den Bürgersteig hinab, der andere geht hinauf; sie haben
sich bemerkt, sie haben sich wiedererkannt; der gute Mann mit dem roten Gesicht errötet noch mehr, der junge
Mann ist bleich geworden, er sendet mit den Augen einen Blitz aus.
Sie sind für einen Augenblick stehengeblieben, aber dann setzen sie ihren Weg fort; sie gehen
aufeinander zu, sie sehen sich gegenseitig an.
– Ah! Sie sind es? sagt der Alte.
– Und? was wollen Sie?
– Los doch, lassen Sie mich vorbei?
Ihre Körper berühren sich fast, sie verschlingen sich mit ihren Blicken, ohne etwas zu sagen.
– Bengel! ruft schliesslich der ältere aus.
– Dummkopf!
– Elender!
– Alter Esel!
Sie sind drauf und dran, sich zu schlagen, ballen ihre Fäuste.
– Ah! Schurke! knurrt der kleine Mann, du bist es, du bist es!
– Na los, Hornochse!
– Das ist zuviel!
– Ja, Sie sind es sehr!
– Unverschämter! Strolch!