die Kunst zeichnete all diese Linien nach, stimmte all diese Töne an, meisselte all diese Formen, erfasste
die jeweiligen Proportionen und führte sie auf unbe-kannten Wegen hin zu jener grossartigeren Schönheit
als die Schönheit selbst, da sie zu dem Ideal zurückgeht, von dem jene sich ableitete, die in uns jene
Bewunderung auslöst, die das Gebet der Intelligenz im Angesicht der strahlenden Erscheinung der Unendlichen
Intelligenz ist, die Hymne, die sie in ihrer Freude singt, wenn sie sich in der Natur wiedererkennt, und der
Lobgesang, den sie als Zeichen ihrer Liebe anstimmt.
Er hob den Kopf, die Luft war rein und vom Duft des Heidekrauts durch- drungen; er sog sie tief ein und
mit ihr etwas Erfrischendes und Belebendes für seine Seele; der wolkenlose Himmel war hell wie ein Segel, die
untergehende Sonne sandte keine Strahlen aus und zeigte ihre leuchtende Scheibe so, dass sie leicht betrachtet werden
konnte. Ihm war so, als tauchte er aus einem Traum auf, denn er spürte in sich eine Frische, die man beim
Aufwachen verspürt, und jenes naive Erstaunen, das uns packt, wenn wir die Dinge wahrnehmen, als ob sie neu
wären und man nicht mehr weiss, dass man eben noch in einer Welt war, die nun versunken ist. Aber wo befand er
sich? an was für einem Ort? zu welcher Tageszeit? was hatte er getan? an was hatte er gedacht? Er versuchte
wieder zur Besinnung zu kommen und in die Realität zurückzukehren, aus der er sich entfernt hatte.
Er hörte, wie im Gebüsch sich etwas bewegte, er wandte sich um, und auf einmal schoss ein Hund auf ihn
zu, sprang ihn an und leckte ihm die Hand; die Stimme dieses Tieres war jaulend und langgezogen, wie ein schluchzendes
Winseln. Das Hund war mager, dürr wie eine Wölfin und machte einen verwil- derten und jämmerlichen
Eindruck; er war über und über beschmutzt; seine an einigen Stellen räudige Haut war nur spärlich
von einem langhaarigen, je zur Hälfte weissem und schwarzem Fell bedeckt, und er zog einen Lauf nach; er
richtete seine Augen mit einer furchterregenden Neugier auf Jules und umkreiste ihn, dabei wandte er sich ihm
schnuppernd zu.
Jules empfand zu Anfang Abscheu, dann Mitleid, dieses arme Tier schien elend und verlassen. Es war einer dieser
Hunde. die ihren Herrn verloren haben, die man mit Geschrei verfolgt, die ziellos in der Gegend umherirren, die
man tot am Wegesrand findet, ohne zu wissen, wem sie gehörten. Jules jagte ihn davon, doch er kam wieder
zurück, er drohte ihm erneut, wollte ihn aber nicht schlagen; doch das Tier sprang ihn bei seiner Stimme an
und beleckte ihn umso mehr; schliesslich hob er einen Stein auf und warf ihn ihm an die Flanke; es jaulte klagend
auf und kroch mit eingezogenem Schwanz am Boden, es liess die Zunge heraushängen, verbarg sich zwischen
seinen Beinen und wollte nicht wieder gehen.
Woher kam nur diese aussergewöhnliche Anhänglichkeit? hatte er ihn schon früher einmal gesehen?
aber wo? hatte er einem seiner Freunde gehört? Er versuchte sich zu erinnern, während der Hund ihn mit
seinem wachen Blick bettelnd ansah, als ob er zu ihm sprechen wollte.