Er trennte sich von seiner Vorliebe für niedrige weite Stiefel der Zeit Ludwigs des XIIIten und
bevorzugte ein gestrecktes Bein und ungebeugte Kniee; und auch die purpurnen Mäntel, die er so verschwenderisch
und stilvoll verwendete und die ihn zu reichlichen Metaphern anregten, erschienen ihm am Ende weniger schön
als die Körper, die sie bekleideten.
Das Schwärmen für Venedig ging ebenfalls vorbei, ebenso wie die Besessen- heit von den Lagunen und
die Begeisterung für samtene Barette mit weissen Federn; er begann zu begreifen, dass man die Handlung eines
Dramas ebenso nach Astrachan oder nach Peking verlegen konnte, die in der Literatur selten vorkommen.
Auch Unwetter verloren beträchtlich in seiner Wertschätzung; der See mit seiner ewigen Barke und dem
endlosen Mondschein erschienen ihm so sehr mit den Keepsakes verbunden, dass er sich verbot, von ihnen zu sprechen,
sogar bei Unterhaltungen in der Familie.
Was die Ruinen betraf, so begann er fast, einen Hass auf sie zu entwickeln, seit er eines Tages, als er in
einer alten Festung träumend auf wildem Goldlack lag und eine grossartige Waldrebe betrachtete, die sich um den
Schaft einer zerbrochenen Säule rankte, von einem ihm bekannten Talghändler gestört wurde, der ihm
erklärte, dass er gern an solchen Orten spazierenging, weil es Erinne- rungen in ihm weckte, der sogleich ein
Dutzend Verse von Mme Desbordes-Valmore rezitierte, seinen Namen auf eine Mauer schrieb und schliesslich ging,
die Seele erfüllt mit Poesie, wie er sagte.
Er verabschiedete sich endgültig von dem jungen, seine Unschuld bewah- renden Mädchen und von dem
Alten mit dem ehrwürdigen Aussehen, nachdem ihn recht bald die Erfahrung gelehrt hatte, dass man nicht immer
in ersteren etwas Engelhaftes und in dem zweiten etwas Väterliches entdecken muss.
Da er von Natur aus wenig Hirtenmässiges an sich hatte, erschien ihm die Alpenhirtin in ihrer Hütte
als die gewöhnlichste Sache der Welt; stellte sie nicht ihren Käse ganz genauso her wie eine Frau aus der
Basse-Normandie? Er versöhnte sich indessen mit den Schäfern, nachdem er tief in der Bretagne einen
Ziegenhirten gesehen hatte, der in einem Wolfspelz steckte und die abstossend- ste Miene eines Lumpen zur Schau
trug, den es auf Erden gab.
Er las alles. was er verstehen konnte, von den Barden und den Troubadouren und gestand sich freimütig
ein, dass man in einer sonderbaren Verfassung sein musste, um das erlesen zu finden, wohingegen ihn die realen
Schönheiten, die er wiedersah, umso mehr einnahmen.
Alles in allem schätzte er all die Fragmente volkstümlicher Gesänge, die Übersetzungen
ausländischer Gedichte, die Gesänge von Urvölkern, die Oden der Kannibalen, die Lieder der Eskimos
und anderes Zeug, mit dem man uns seit zwanzig Jahren überhäuft. Nach und nach entledigte er sich der
kindischen Vorlieben, die wir für mittelmässige Werke haben, der verderblichen Neigungen, die wir
frühzeitig entwickeln und deren Ursache die Ästhetik noch nicht aufdecken konnte.