Aber nein, sie vollendeten ihre Aufgabe mit einer göttlichen Hingabe, und sie waren dabei so wenig stolz,
waren so frei von Hochmut, dass es manchmal scheint, dass sie die Tragweite ihres Tuns nicht begriffen hätten,
wie brennende Fackeln, die nicht wissen, was sie mit ihrem Licht erhellen. Er bewunderte die Tiefe ihrer Einfachheit,
und wie der Allgemeinzustand der Welt sich in der Erscheinung ihrer Persönlichkeit darstellt, indem sie die
Wahrheit aller und gleichzeitig die relative Wahrheit der gesamten Schöpfung ist, die von der Hand eines
Menschen gezeichnet ist, ohne dadurch auch nur etwas von ihrer Realität und ihrer Vollständigkeit
einzubüssen.
Homer und Shakespeare haben in ihrer Zeit die Menschheit als auch die Natur verstanden; jeder frühere Mensch
ist in ersterer und jeder moderne Mensch in letzterer beheimatet, infolgedessen kann man sich das Altertum nicht
ohne Homer und die moderne Zeit nicht ohne Shakespeare vorstellen. Sie waren so wahr, dass sie
notwendig geworden sind; was sie geschaffen haben, ist ihr Werk und gleichzeitig das Gottes; sie
sind soetwas wie das Bewusstsein der Welt, da alle seine Elemente darin versammelt sind und man sie in ihnen erfassen
kann.
Doch was ihn vor allem an diesen Vätern der Kunst begeisterte, war die Vereinigung der Leidenschaft mit
der Anordnung; die hervorragendsten, persön- lichsten Dichter haben weniger Wärme, Lebendigkeit und sogar
Naivität in den Ausdruck des einen Gefühls gelegt, das ihre Grösse ausmacht, als diese beiden in den
von ihnen wiedergegebenen Empfindungen verschiedener Art gezeigt haben, wohingegen die nachfolgenden Literaturen mit
all ihren geborgten Ver- wicklungen und ihren einstudierten Künstlichkeiten nichts geschaffen haben, das der
weisen Harmonie nahekommt, der man bei diesen Meistern in ihrer natürlichsten und vollendetsten Form, als ihrem
Quell und ihrem Prinzip, begegnet. Er schloss daraus, dass die Inspiration nur aus ihr kommen darf, dass äussere
Einwirkungen sie allzu häufig verwässern oder sie unnatürlich werden lassen, was bedeutet, dass man
nüchtern sein muss, um ein Lied auf die Flasche zu singen, und frei von Zorn, um das Wüten des Ajax zu
beschreiben; er erinnerte sich an die Zeit, als er mit Hieben in die Flanken der Lust, Sonette zu verfassen,
nachhelfen wollte.
So vereinten sich die allerhöchste Poesie, die grenzenlose Intelligenz, die Natur in all ihren Formen, die
Leidenschaft mit all ihren Ausbrüchen, das menschliche Herz mit all seinen Abgründen zu einer umfassenden
Synthese, deren einzelne Teile er aus Liebe zur Gesamtheit respektierte, ohne auch nur eine einzige von Menschenaugen
vergossene Träne oder ein einziges Blatt in den Wäldern wegzulassen.
Er sah, dass alles, was ausschliesst, verkürzt, dass alles, was auswählt, vergisst, dass alles, was
anpasst, zerstört, dass die epischen Gedichte weniger poetisch waren als die Historie, und dass es
beispielsweise ein grosser Fehler der historischen Romane war, dies sein zu wollen; wer die Vergangenheit
nach einer vorgefassten Idee und um sie irgendwo bequem einzuordnen in anderen Farben zeichnet, als ihr eigen sind,
die Fakten verändert und die Menschen ummodelt, der gelangt zu einem falschen Gesamtbild ohne Leben; die Historie
ist immer noch da und zerreist es aus ihrer gewaltigen Höhe, aus der Fülle ihrer Gesamtheit; das einzige
Mittel, ihr gerecht zu werden, wäre, sich ihren Herausforderungen zu stellen und das zu vervollständigen,
was sie nicht zum Ausdruck gebracht hat.