Zwei Dinge treten ein: der Mensch wird entweder von der Gesellschaft absorbiert, übernimmt ihre Ideen und
Leidenschaften und geht dann in der allgemeinen Meinung unter: oder aber er besinnt sich auf sich selbst und
in sich selbst, und nichts dringt mehr nach aussen; tiefgehende Unterschiede tun sich zwischen ihm und
seinesgleichen auf, es bestehen Abgründe sogar bei der Herangehehensweise, um ein und denselben Gedanken zu
verstehen; er lebt allein, träumt allein, leidet allein, niemand ist da, um seine Freuden mit ihm zu teilen;
es gibt keine Zärtlichkeit für sein Liebesverlangen und keine Tröstung in seinem Schmerz, seine
Seele gleicht einem verirrten Gestirn, das vom Zufall in den Raum geschleudert wurde. Das ist der Grund dafür,
dass es so viele Freundschaften unter Kindern gibt und man bereits weniger davon in der Jugend antrifft, nur
noch wenige bei reifen Menschen und überhaupt keine mehr bei den Alten.
Wieviele Geschmäcker, Ideen, Träume, Vergnügungen hatten wir mit einer Menge von Leuten gemeinsam,
die für uns verloren sind? und doch hatten sie gedacht wie wir, gefühlt wie wir, wir lebten ihr Leben
und sie das unsrige; doch die Bindungen, die uns für immer vereinen sollten, haben sich wie von selbst so sehr
gelockert, dass man sich vollständig vergessen hat und sich nie mehr wiedersehen wird.
Es ist das Alter, in dem man alle Weine kostet, alle Frauen anbetet; wenn man dann am Leben teilhat wie an einem
Festessen, singt man miteinander aus voller Brust, die Mitfeiernden sind von der gleichen Fröhlichkeit und der
gleichen Trunkenheit; doch es kommt eine Stunde, in der jeder seine Flasche ergreift, sich eine Frau sucht und sich
in sein Zuhause zurückzieht, dann kommen andere und trinken aus derselben Flasche der Illusionen und machen
sich mit denselben Hoffnungen betrunken.
Wenn die Freundschaften der Vergangenheit plötzlich in der gegenwärtigen Isolation vor uns auftauchen
würden, dann wäre unser Schrecken vor den anderen grösser als vor uns selbst; und was würden wir
mehr beklagen, das Aufgeben all dessen, was uns verlorengegangen ist, oder die Dauer, die es gebraucht hat, bis wir
nichts davon mehr haben wollten?
Früher hatte Jules viele Freunde, mit denen er über Literatur diskutierte; heute konnte er kaum jemanden
finden, mit dem er auch nur fünf Minuten einer Meinung gewesen wäre; ihm fehlte der Mut, seine Ideen vor
Leuten auszu- breiten, die sie nicht teilten, und was die betraf, die sie sich anhörten, so hätte er noch
so vieles hinzuzufügen gehabt, dass er darauf verzichtete, den Mund aufzumachen. Das Diskutieren war ihm
unmöglich geworden, er verfügte über keine andere psychologische Art der Vermittlung als die
Ausweitung, die direkte Kommunikation, den unmittelbaren Einfall; er wollte, dass alles, was aus ihm kam und das,
was ihn zu erreichen versuchte, gleich den Tönen vermittelt würde, die man aufnimmt, ohne darüber
nachzudenken, die man in dem Moment wahr- nimmt, in dem sie erzeugt werden; die Richtigkeit eines Tons wird nicht
in Frage gestellt, das Ohr nimmt ihn auf und man wird sich sofort dessen bewusst.