– Aber woran denkst du nur, lieber Freund, sagte Mme Renaud, wobei sie ihren Gatten am Arm von der
ästhetischen Erörterung wegzog; woran denkst du nur? Die Familie Dubois ist da, also begrüsse sie!
M.Renaud tat, was seine Frau ihm auftrug, kümmerte sich um jedermann, war besorgt um die Gesundheit eines
jeden, bot den Anwesenden Sitzplätze an, gab den Damen Fussbänkchen und den Herren Decken; er war
beflissen und schwerelos, er glitt, er flog.
Beim Essen plazierte er Mme Dubois und Mme Lenoir an seine beiden Seiten; der Humor der ersteren war ganz nach
seinem Geschmack. Sie war eine füllige Patin – er nannte sie seine Patin, weil er gemeinsam mit ihr der
Taufpate des Kindes des Schwagers seiner Frau gewesen war – von etwa siebenund- vierzig Jahren, noch ziemlich
frisch, schick gekleidet und wohlgenährt, von recht kräftiger Farbe, mit einem lebhaften Blick und einem
schnellen Mundwerk, sehr üppig mit einem Busen ausgestattet, denn durch ihn wird deutlich, was sich vom Kinn
bis zum Bauchnabel erstreckt; er wurde durch Kameen und Broschen bereichert, dazu kamen Ringe an allen Fingern,
dagegen waren die Haare wenig herausgeputzt.
M.Dubois trug einen blauen Umhang, das ist alles, was ich dazu sagen kann, denn ich habe ihn nie anders als von
hinten gesehen. Sie waren mit ihrer einzigen Tochter gekommen, Mlle Hortense, sowie einer Kusine aus der Provinz,
die ihnen anvertraut worden war.
Man hatte geschickt die Herren und ihre Damen, die jungen Leute und die Kinder alternierend plaziert. So war
Henry an der Seite von Mlle Aglaé, Alvarès an der Seite der Kusine von Mme Dubois, und Mendès
auf der anderen Seite von Mme Dubois, deren Vorbau sein jugendliches portugiesisches Herz beeindruckte; die beiden
anderen jungen Leute, die auf dem Treppenflur warteten, wurden als letzte neben die Kinder gesetzt.
Der Deckel der Suppenschüssel wurde abgenommen und dampfte über dem Rindfleisch, die grosse Kelle
wurde in die Nudelsuppe getaucht; M.Renaud wandte den Kopf, eine Person fehlte, ein Stuhl blieb leer, eine
herzförmige Serviette war noch nicht entfaltet; es war M.Shahutsnischbach, der auf sich warten liess. Es
wurde nach ihm gerufen, gebrüllt, man stieg zu seinem Zimmer hinauf, er kam herunter.
Aber o Gott, in was für einer Aufmachung! in seinem Alltagsanzug, seine Finger mit weisser Malerfarbe
bekleckert, um den Hals ein grosser roter Schal und an den Füssen Sandalen, dabei erstaunt, verwirrt,
entgeistert, unschlüssig, ob er wieder gehen oder bleiben, die Flucht ergreifen oder sich setzen soll, die
Nase im Wind, sprachlos, wie schwachsinnig.
– Aber Sie wussten doch, dass Leute kommen würden, das wussten Sie doch, wiederholte M.Renaud,
betrübt und verärgert. Immer dasselbe! Ein einmaliger Kerl! ein Original von einem Deutschen!
Worauf der arme Junge sich begnügte, zu antworten, er wusste nichts davon, er wusste überhaupt
nichts, und sich beeilte, zu seinem Platz zu kommen, und sich auf die Fussspitzen stellte, um an der Stuhlreihe
vorbeizukommen, ohne an eine der Stuhllehnen zu stossen.