Die erste Éducation Sentimentale


    Nachdem Mme Émilie, gutmütig und sanft, die versammelte Gesellschaft um Nachsicht für ihn gebeten und den Zorn ihres Gatten besänftigt hatte, der leise grummelte: "Das ist lächerlich, unglaublich lächerlich und ungeheuerlich!", begann das Mahl in der grössten Stille, die man sich vorstellen kann. Der junge Shahutsnischbach ass, nachdem die Blicke der anderen sich von ihm abgewandt hatten, sehr beherrscht; er sass zwischen den lieben Kindern von M. und Mme Lenoir, denen er Essen auftat, zu trinken einschenkte, die Servietten faltete und entfaltete; die anderen Gäste schnitten, zerteilten, leerten ihre Teller, und die Gerichte gingen zu Ende und wurden durch neue ersetzt.

    Es wurde über Politik geredet, man verwünschte England, bedauerte das von Parteien zerrissene Spanien, beklagte das heruntergekommene Italien und das besiegte Polen.
    Die Damen sagten entweder nichts oder sprachen über Literatur, was dasselbe ist. Ternande war im Gespräch mit M.Lenoir, der ein Porträt von sich anfertigen lassen wollte und mit ihm diskutierte, welchen Maler er wählen sollte: natürlich empfahl dieser ihm seinen Lehrmeister. Henry begeisterte sich für Beethoven, von dem er noch nie etwas gehört hatte, gegenüber Mlle Aglaé, die ihn nicht verstand. Mme Émilie sagte nichts; Mendès betrachtete Mme Dubois. Die beiden Carcellampen blakten.
    Beim Dessert wurde die Konversation allgemein, sie konzentrierte sich auf die Literatur. Es wurde die Frage nach der Unmoral des Dramas und dem beklagenswerten Einfluss aufgeworfen, den es auf alle heutigen Verbrecher ausgeübt hat; man verurteilte Antony, das zur Zeit in Mode war, es wurden, um etwas zum Lachen zu haben, ein paar Verse aus Hernani zitiert; man äusserte einige Spitzen, pries Boileau, den Gesetzgeber des Parnass, M.Renaud rezitierte sogar auswendig einige Kernsätze, wie: "Nichts ist schöner als das Wahre, nur das Wahre ist liebenswert" oder "Hundertmal über das Metier..." oder: "Ohne den Stil in einem Satz..." und weitere poetische Raritäten.

    Nun kam der obligatorische Vergleich zwischen dem sanften Racine und dem grossen Corneille, gefolgt von dem zwischen Voltaire und Rousseau. Danach wurde die Literatur des Kaiserreichs von Ternande sowie von Henry in Stücke gerissen, die für die Kunst eintraten, wogegen die gesetzteren Herrschaften, die Herren und Damen zwischen vierzig und fünfzig, protestierten und sich für den Geschmack und die Sprache aussprachen. Ausserdem sprach man über V.Hugo, über Mlle Mars, die Opéra Comique, über Robert der Teufel, die Oper im all- gemeinen, über den Zirkus, über die Tugend der Schauspielerinnen und den Preis Montyon, der an sie vergeben wird. Ternande war ziemlich laut, er war rot im Gesicht und redete viel, pries den Turm von Nesle; M.Lenoir, M.Dubois und M.Renaud widersprachen ihm mit höhnischem Lachen; Henry war ernst und unterhielt sich leise mit Mlle Aglaé über Jocelyn; Mme Dubois trauerte der glanzvollen Zeit der Comédie hinterher und bedauerte Talmas in Manlius; Mendès betrachtete Mme Dubois.