In Aix hatte er sich häufig mit Republikanern getroffen, er war Republikaner wie sie; er war mit den
Gemässigten zum Humanisten und Sozialisten geworden nachdem er zunächst mit den Königsmördern
und den Empörten ein Sansculotte gewesen war, und hatte sich für die Völker eine herrliche Zukunft
erträumt. Nun, da er in der besseren Gesellschaft angekommen war, hatte er die althergebrach- ten, strengen
Überzeugungen, die Mutigen wie die Vendée-Rebellen, bewundert, und er hatte sich nach der Würde der
Monarchie und der Loyalität der Edelleute, die samt ihren Wappen ausgelöscht waren, zurückgesehnt.
Und jetzt schliesslich, da er sich um einen Platz als Zuhörer im Staatsrat bemühte, hielt er sich ernsthaft
über den aktuellen Stand der Dinge auf dem Laufenden, wobei er nur gewinnen konnte, und er fand natürlich,
dass daran nichts verändert zu werden brauchte, was ihn nicht daran hinderte, mit jener Extravaganz eines
Aristokraten einen Schatz an sehr liberalen Ideen zu haben, wobei er dennoch ein Konservativer blieb.
In seinem ersten Jahr in Freiheit war er ausgiebig tanzen gegangen, hatte Walzer getanzt, hatte diniert und
soupiert, hatte die Nächte mit Geliebten und die Tage mit dem Trinken von Punch verbracht; nachdem ihm dies
allerdings nicht gut bekommen war, lebte er im Jahr darauf mit einer beispielhaften Beständigkeit und
Zurückhaltung, worauf er sich zu einem vernünftigeren und weniger turbulen- ten Lebenswandel entschloss.
Auch hatte er zunächst die Haare lang getragen, dann ganz kurz; jetzt hatten sie eine akzeptable Länge.
So war er, ausgezeichnet darin geübt, alle Arten von Ideen zu übernehmen und auf alle Arten zu handeln;
er wechselte ohne Schwierigkeit von einer Ansicht zu einer anderen, von einer Begründung zu ihrem Gegenteil,
von einer Dunkel- haarigen zu einer Blonden, von der Heiterkeit zur Melancholie, und zwar nicht aus Skeptizismus oder
Geringschätzung, sondern aus einer Art von milder Über- zeugung und von friedlichem Sich-gehen-lassen, was
ihn als Narr vor sich selbst erscheinen liess, indem er hin und wieder die anderen zu Narren machte. Er glaubte
nicht wirklich an die Wahrheit der Liebe, an die Unfehlbarkeit der Vernunft, an die Ehrbarkeit der Frauen und an
die Redlichkeit der Männer; und dennoch hielt er seine Liebe für tief, glaubte er, dass seine Ansichten
unwider- legbar waren, dass seine Geliebten ihn abgöttisch liebten und dass er selbst voller seltener moralischer
Vorzüge war.
Er hatte keine grossen Zukunftspläne, so dass er auch nie grosse Enttäu- schungen erlebte; was
ausserhalb der Erreichbarkeit lag, beachtete er nicht, alles gehörte ihm und war für ihn da; wenn etwas
unverständlich war, dann dachte er nicht darüber nach, wenn etwas unüberwindlich war, dann versuchte
er nicht, es zu erreichen; denn er war fest von sich eingenommen und vertraute mit einer gewissen Naivität
seinem Geschick.
Er legte in seine Zärtlichkeiten ein wenig leichte Poesie, die er zur Schau trug und derer er sich
befleissigte, bis man sie wahrgenommen hatte; er rümpfte die Nase über das, was abstossend war und
erfreute sich an dem, was Freude machte; er sagte beim Tod des Herzogs von Orléans: "das ist ärgerlich",
und bei der Bestattung des Kaisers: "das ist sehr schön", und er gehörte weder zu denen, die Tränen
vergiessen, noch zu denen, die schaudernd zusammenfahren.