Die erste Éducation Sentimentale


    Er hatte nie die Zeit zu lieben oder zum Spielen gehabt, weshalb er sich über die Liebe lustig machte und die Spieler verurteilte – ein etwas grobes Vergnügen, die Veralberung eines Ehrenmannes, der nie durch Leidenschaften gegangen ist, und der keine Ahnung von Stürmen hat, weil er noch nie das Meer gesehen hat. Nicht einmal in seiner Jugend hatte er Träume; es gibt Menschen, die so beschaffen sind. Alles in allem ein ausgezeichneter Kerl, ein Bonvivant, wollüstig, soweit er konnte, empfindsam, wie es sich für einen modernen Mann gehört, der Orgien bis zu dem Punkt mitmacht, an dem Scheiben zu Bruch gehen, er wäre ein Mann nach der Vorstellung von Horaz gewesen, wenn er mehr Geschmack gehabt hätte; und er hatte in der Tat einen schlechten Geschmack: er bewunderte überschwänglich Béranger und kannte Paul-Louis auswendig.

    Henry traf ihn noch im Bett an, wie er seine morgendliche Pfeife rauchte, auf sein Kopfkissen gestützt, einen Roman lesend und das Fenster geöffnet. Sobald er ihn eintreten sah, begann er ihn wegen seiner seltenen Besuche mit hundert freundschaftlichen Vorwürfen zu überschütten; danach fragte er nach Neuigkeiten von seiner gesamten Familie, der heimatlichen Gegend und seinen Bewohnern.
  – Nun, junger Mann, sagte er, was treibt man hier so? arbeiten wir? amüsieren wir uns? pauken wir? geben wir uns Ausschweifungen hin? was ist mit der Liebe? Erzählen Sie mir von Ihren Eroberungen, haben Sie eine Geliebte? Zum Teufel, reden Sie! Sie sind traurig, mein Lieber.
  – Henry, der nicht recht wusste, was er sagen sollte, antwortete mit ziemlich belanglosen Dingen.
  – Ah! Sie langweilen sich, mein armer Henry! Soso! ich glaube aber, Sie machen das schon; Sie müssen regelmässig zum Essen zu mir kommen, wir unterhalten uns, lachen auch, das Leben ist kurz, schöne mit Freunden verbrachte Momente sind etwas Herrliches.
    Henry dankte ihm und begann ihn zu mögen; er erinnerte sich, dass es soetwas bei seinem Vater gab, als er ein Kind war, als Morel zu ihnen kam und er ihm wegen seiner Fröhlichkeit und seiner lockeren Art sehr gefiel, obwohl ein gewisser Hang zu dümmlicher Witzelei verhinderte, dass er diese tiefe, ganz besondere Zuneigung zu ihm entwickelte, die Kinder sofort für einen Menschen haben, der daraufhin zu ihrem Vorbild und ihrem Idol wird.
  – Was für eine ungeniessbare Lektüre, sagte Morel und feuerte das Buch, das er in der Hand hielt, auf den Tisch.
  Und er streckte ein Bein aus dem Bett und angelte nach einem Stiefel.
  Henry las den Titel des Romans, es war einer von denen, die er besonders liebte; er antwortete nicht, sondern errötete bis hinter die Ohren.
  – Lesen Sie das? fragte Morel ihn.
  Henry gestand, dass es zutraf.
  – Nun ja, für mich, ich stehe zu Diensten, ist es zu einfältig, antwortete Morel.
  "Schwachkopf!" sagte Henry zu sich selbst.