Als alle sich in ihre Zimmer zurückgezogen hatten und in allen Fenstern des Hauses die Lichter erloschen
waren, hörte Henry auf der Treppe das Rascheln eines Rocks und leise Schritte heraufkommen; die Tür
öffnete sich leise.
– Ah! danke! ich dachte schon, Sie würden nicht kommen.
– Was für ein Kind Sie sind!
– Sie haben mich schon so sehr leiden lassen!
– Ich?
– Neulich, bei den Tuilerien...
– Sie sind da gewesen?
– Ich glaubte schon vor Kummer zu sterben, ich habe drei Stunden auf Sie gewartet, habe mich verflucht.
– Nun gut, seien Sie brav, sagte sie lächelnd, setzen Sie sich hier nahe bei mir hin. Hören
Sie, Henry, lieben Sie mich? Wenn Sie mich täuschen würden, wäre das schändlich; sagen Sie
mir, ob Sie mich wirklich lieben.
– Aber ich habe es Ihnen hundertmal gesagt: seit zwei Monaten, haben Sie es nicht erraten? Wenn Sie
von den Nächten wüssten, die damit vorbeigegangen sind, dass ich von Ihnen geträumt habe, von den
Tagen, die ich damit verbracht habe, an Sie zu denken! Am Abend, wenn Sie das Fenster öffneten, um die
Läden zu schliessen, war ich auch da, an dem meinen, ich sah Sie, dann hörte ich Ihre Schritte; des
nachts, wenn ich aufwachte, stellte ich mir Sie schlafend vor, und dass vielleicht, ebenso wie Sie in meinem Schlaf
zugegen waren, ich in dem Ihren zugegen wäre.
– Sie haben sich nicht getäuscht, lieber Freund.
– Der erste Tag, an dem ich Sie gesehen habe, es kommt mir vor, als sei es gestern gewesen; ich sehe
Sie noch, Sie waren dort im Hausflur, es war morgens, wir kamen herein, Sie schickten sich an, uns zu begrüssen.
Warten Sie! Sie hatten dieses Kleid an und waren ohne Kopfbedeckung; Ihre Augen haben mich verwirrt, sie sandten
Strahlen aus, die mir bis ins Herz drangen.
– Oh! Sie sind gut! sagte sie. Sie haben mich tatsächlich auf eine Art angesehen, Henry, die
mich bezauberte; irgendetwas sagte mir, dass ich Sie lieben würde, dass unser beider Seelen sich verstehen
würden, und ich habe mich nicht getäuscht, nicht wahr? ich kann auf Sie rechnen?... ich bin allein...
niemand liebt mich... aber Sie, Sie werden meine Stütze sein, Sie werden mich lieben, Sie werden mein Engel
sein.
Henry liess seinen Kopf auf ihre Kniee sinken, und vor Freude weinend:
– O mein Gott! ich kann nicht ausdrücken, was ich empfinde, aber sieh mich an... liebe mich.
Er nahm ihre Hände und bedeckte sie mit Küssen. Ruhiger geworden als er, und triumphierend wegen seiner
Schwäche:
– Beruhige dich, mein Freund. Ja, wir werden glücklich sein, wir werden uns lieben... Oh! weine
nicht, deine schönen Augen werden ganz gerötet. Und sie liebkoste ihn wie ein Kind, das getröstet wird. Nach einer langen Pause:
– Seit langem liebe ich dich auch. Am Anfang habe ich Freude daran gehabt, dein Gesicht anzuschauen;
wenn du nicht da warst, habe ich immer daran gedacht; nach und nach wurde mir jeder Gedanke unerträglich,
beim geringsten Anlass musste ich an dich denken, ich fand dich überall wieder. Erinnerst du dich an den
Abend, an dem wir uns im Salon so lange miteinander unterhalten haben? ich beobachtete, wie die Wörter aus
deinem Mund kamen, ich stellte erstaunt fest, dass du schön und harmonisch warst wie ein Gesang.
– Und ob ich mich erinnere! ob ich mich erinnere!