Die erste Éducation Sentimentale


    Gereizt von ihren Stimmen und ihrem Lärm hatte Henry sich auf der Strasse absetzen lassen und war zu Morel geeilt, um jemanden zu finden, mit dem er reden und bei dem er sich ausweinen konnte; er brauchte unbedingt einen Freund, einen Vertrauten, denn sein Herz floss von den ununterbrochenen Tränen über. Oh! wie sehr ein Wort des Mitleids ihn glücklich gemacht, eine Anteilnahme ihn verwöhnt hätte.

    Der Leser mag sich mühelos vorstellen, dass er seine Leidensgeschichte in anderen Worten erzählt hat, als wir es hier tun; dass er in seinen Bericht starke Verwünschungen wegen der Gemeinheit der Frauen und gegen die Eitelkeit der Männer einstreute sowie über den Regen, die Pferde, die Steigbügel, die brechen, und über falsche Treueschwüre fluchte.

  – Sie müssen ihr den Laufpass geben, sagte Morel.
  – Aber das werde ich!
  – Das tut weh. Oder schimpfen Sie nur mit ihr.
  – Wie kann ich mit ihr schimpfen?
  – Allerdings scheint mir...
  – Aber nein!... was meinen Sie, soll ich ihr sagen?
  – Machen Sie es so, wie Sie wollen.
  – Gestern, fing Henry wieder an, hat sie mir beim Tanzen ins Gesicht gelacht, als ob sie mir sagen wollte: nein, nein, niemals. Er war es, den sie mit Vergnügen ansah, ebenso Ternande, und auch ihren Mann, um nichts auszulassen. Glauben Siei das? sie näherte sich mir, um sich sogleich wieder zurückzuziehen, sie spielte mit meinem Herzen wie Kinder mit ihrem Spielzeug, das sie zerbrechen, wenn sie es nicht mehr mögen; auch heute ist sie allein zu ihnen in die Kutsche gestiegen, mit ihm, mit aller Welt, nur nicht mit mir... und diese glücklichen Dummköpfe, die ich vergass, die sich lautstark in ihrem merkwürdigen Kauderwelsch unterhielten und lachten! O mein Gott, mein Gott!... aber ich hasse sie, ich verabscheue sie, ich verwünsche sie, ich liebe sie nicht mehr, soll sie lieben, wen sie will, mir egal, auch gut, ich werde im Gegenteil darüber lachen... Oh! ich empöre mich über sie, sehen Sie, ich weine!
    Er weinte wirklich.
  – Mein armer Henry! sagte Morel fast gerührt.
  – Ja, mein armer Henry! wiederholte er mit Bitterkeit und Selbstmitleid.
  – Ein bisschen Energie, es wird schon! beruhigen Sie sich.
  – Wie kann ich mich beruhigen? fing er voller Wut wieder an
  – Zum Teufel! wenn man wie Sie seit zwei Monaten eine Frau hat, dann hat man ausreichend Vergnügen gehabt, um ein wenig Kummer auszuhalten, vor allem, wenn dieser Kummer aus einem Motiv wie diesem herrührt. Raus damit, was ist los? will sie nicht mehr mit Ihnen schlafen? also, sprechen wir französisch, zum Donnerwetter! ist es das?
  – Nein, antwortete Henry verlegen.
  – Was also! warum langweilen Sie uns mit Ihren Klagen?
   "Halunke! der Mensch hat weder Herz noch Gefühl!" dachte Henry
   "Der kleine junge Mann beginnt langsam, mich anzuöden!" dachte Morel.
  – Kommen Sie mit mir etwas essen, fügte er dann hinzu, und ein wenig Wein trinken, um etwas gegen die Melancholie zu tun?
  – Nein, danke.
  – Dann an einem anderen Tag. Gehen wir jetzt beide gemeinsam? Ich bin in Eile, ich habe etwas zu erledigen, es sind jetzt zwei Tage, dass ich nichts getan habe, und ich muss dieses grässliche Memorandum fertig machen... glauben Sie mir, all diese Papiere, die bis zum nächsten Mittwoch analysiert werden müssen. Was habe ich für ein Leben! was für eine Galeere! Sie dagegen sind glücklich!