Die erste Éducation Sentimentale


  – Was ist es? fragte Henry.
  – Ein Memorandum der Nationalen Gips-Gesellschaft gegen die Gips-Gesell- schaft von Paris.
  – Mehr ist es nicht? sagte Henry und lachte mitleidig, eine tolle Sache!
  – Eine tolle Sache! Eine tolle Sache! gewiss mein Kleiner, eine tolle Sache! ein Bankrott von acht Millionen!
  – Ah! das interessiert mich herzlich wenig.
  – Kann sein, aber mich interessiert es sehr... Mein Gott! wie mein Knie mich leiden lässt! ich werde humpeln wie ein Invalide, meine Kniegelenke sind lädiert, ich bin letzte Nacht zuviel herumgesprungen; mir tut auch der Hals weh, ich habe zu lautstark nach Essen gerufen.

    Henry war zu Morel gegangen, um ihm sein Leid zu klagen, und da es ihn sehr bedrückte, glaubte er ausgiebig darüber reden zu müssen, und dass ihm neue Worte wie von selbst einfallen würden, um einen so frischen Schmerz auszudrücken, doch sein Redefluss versiegte schnell, und er war sehr erstaunt, dass er so wenig zu sagen hatte. Daher erhob er sich, um zu gehen.
   – Adieu, Morel.
  – Adieu, Henry, nur Mut, und seid ein andermal ein bisschen fröhlicher gestimmt.
    "Zum Teufel mit ihm! dachte Henry, als er die Tür hinter sich schloss; öffnet nur den Menschen euer Herz und zeigt ihnen eure Verletzungen, und sie wenden sich entweder mit Grausen ab, oder aber sie lachen wegen eurer Schwäche, denn sie leiden nicht, sie haben andere Dinge im Kopf. Ah! ich könnte Jules gebrauchen, um ihm all das zu sagen... der arme Jules! er ist gutherzig; aber der Morel, was für ein beschränkter Geist! was für ein kleinliches Herz! wie er mich mit seinen Geschichten von Mädchen und Maskenbällen angeödet hat! wie er wegen seiner Schramme jammerte! wie er das dämliche Memorandum ins Feld führte, das er abfassen muss!"
    "Sie sind schon seltsam, diese Vögel, mit ihren Gefühlen! sagte sich Morel, als er die Treppe hinunterging und sich aus Angst zu stürzen am Geländer festhielt; ich meinerseits habe das eine in ausreichendem Masse verspürt. Was juckte es mich, dass sie mit einem anderen getanzt hat, und dann dass Alvarès und Mendès in dieselbe Droschke gestiegen sind wie er, dass es an diesem Nachmittag geregnet hat, während ich schlief, und dass es in seiner Seele schwarz aussieht?"

    Als er nach Hause zurückgekehrt war, schrieb Henry Jules einen langen ausführlichen Brief, in dem er über seine Einsamkeit, über sein Elend, über seine enttäuschte Liebe sprach. Was sollte er jetzt in seinem Leben anfangen; wozu sollte es gut sein, auf diesem schmerzhaften Weg weiterzugehen, auf dem dir bei jedem Schritt auf den Steinen, mit denen er gepflaster ist, die Füsse bluten? die Gegenwart war trostlos, die Zukunft wird noch schlimmer sein, er wollte sterben, er umarmte ihn und sagte Lebewohl.
    Dicke Tränen fielen auf den Brief und benetzten das Papier.
    Morel schrieb ebenfalls; nachdem er, wieder zu Hause zurück, in aller Eile etwas gegessen hatte, schrieb er das Memorandum der Nationalen Gips-Gesellschaft gegen die Gips-Gesellschaft von Paris, aber sein Knie verursachte immer noch starke Schmerzen und seine Schreibfedern waren alle miserabel, was ihn mächtig ärgerte.