Das Nachthemd, das sie trug, hatte Längsfalten und bauschte sich leicht um sie herum, es verdeckte die
Drehung ihres auf der Seite liegenden Körpers, die Fersen an den Kniekehlen, sowie vorn die Brust. Ihr Korsett
und ihr Rock hingen am Fensterrahmen mit den Schnüren bis zum Boden; Jules verfing sich darin mit den
Füssen und wäre fast gestrauchelt.
Während des gesamten Besuches redete Mlle Lucinde mehr als gewöhnlich und mit einer gewissen
Vertraulichkeit und recht ungezügelt; Jules fühlte sich wohler, freier in seinen Bewegungen, geistvoller
und lockerer; als er sich von den beiden Schauspielerinnen trennte, tat er dies sogar mit einem Abschiedsgruss,
der in seinen Augen von einer ausgesuchten Vornehmheit war.
Ohne es zu wissen hatte er diesen schönen Drang eines Mannes, der bezahlt und davon überzeugt ist, dass
man ihn schätzt; dieser Drang hat nichts Ver- gleichbares auf der Welt und nichts zählt mehr und kommt ihm
nahe. Von zwei Männern, die zusammen in einem Restaurant essen, sitzt der, welcher zahlt, am gewichtigsten
auf seinem Stuhl, lässt die Rückenlehne krachen, ruft am lautesten nach dem Kellner und beschwert sich
über die zu lange gebratene Ente und wegen des fehlenden Früchtekompotts; in einem Tabakladen wählt
der, welcher zahlt, am längsten die Zigarre nach seinem Geschmack aus und weist am heftigsten die Schachtel
zurück, wobei er sich bitter über das Monopol beklagt, und der Freund, dem man grosszügig eine
anbietet, begnügt sich damit, zu lachen und sie sich anzuzünden; bei einer Frau von zweifelhaftem Ruf
ist ebenfalls er es, der zahlt und dann seine Füsse in Schuhen auf die Kissen ihres Sofas legt, der seine
Hosenträger ablegt und seine Weste aufknöpft, um es sich gemütlicher zu machen, der das
Zimmermädchen vor der Hausherrin um die Taille fasst, während er an seinem Zahnreiniger kaut, der über
seine eigenen Witze lacht und Zoten erzählt. Es lebe der Mann, der bezahlt! seine Unver- schämtheit ist
durch die Käuflichkeit dessen gerechtfertigt, was er kauft, und sein Vertrauen in sich selbst durch den Eifer,
den man daransetzt, ihm alles zu verkaufen; Ehre ihm! und Ruhm! Hut ab, meine Herren! – er ist unser aller
Meister!
Jules hatte das Bedürfnis, noch etwas zu schenken, er wollte, dass Lucinde irgendeinen Gegenstand von ihm
besass, den sie mit sich nehmen konnte, den sie jeden Tag benutzen und den sie lieben würde. Er dachte
dabei an ein Säckchen, in das man Taschentücher hineintun konnte, er wünschte eines aus weisser
Seide, bestickt mit roten und blauen Blumen und mit Lilienduft, mit langen weichen und zarten Bändern,
allerliebst und das hübschete von der Welt. Er beauftragte Henry damit, es zu besorgen, erklärte ihm mit
tausend Einzel- heiten, wie es aussehen sollte, und ermahnte ihn dazu noch hundertmal, es nicht zu vergessen.
Henry reiste an demselben Abend nach Paris ab, seine Mutter begleitete ihn bis zur Postkutsche, dazu seine
frühere Amme, die seinen Mantel und einen Sack für die Nacht trug; ausserdem kamen zwei oder drei Freunde
der Familie mit, die ihn umarmten, bevor er in den Wagen einstieg; Jules war da und erinnerte ihn noch einmal an
das Säckchen.