Der letzte Begriff dieser Art von Kritik, sein dümmster Ausdruck, wird uns jeden Tag massenhaft von braven
Leuten oder charmanten Damen geliefert, die sich mit Literatur beschäftigen, die mal einen Charakter tadeln,
weil er grausam sei, mal eine Situation, weil sie zweideutig und etwas schlüpfrig sei, in einem Wort, weil
sie finden, dass sie, wären sie anstelle dieser Person, anders gehandelt hätten, ohne etwas von den
schicksalhaften Gesetzen, die die Entstehung eines Kunstwerks bestimmen, noch von den logischen Folgerungen zu
verstehen, die sich aus einer Idee ergeben.
Diese Vermischung seiner persönlichen Schmerzen mit dem Ideal der Dichter liess sie in einem solchen Licht
erscheinen, dass sie für ihn zu etwas Kostbarem, ja sogar Milde Bewirkendem wurden; es war wie mit der Sonne,
die jeden Regentropfen zu einer Perle werden lässt und aus Kieselsteinen Diamanten macht; daher blieb diese
Zeit in seinem Gedächtnis immer der beispiellose poetische Zeitabschnitt, das goldene Zeitalter seines
Lebens. Später, als erwachsener Mann, dachte er immer mit einer leichten Nachsicht daran zurück, so
wie gealterte Völker ein Vergnügen daran finden, auf die entfernte Zeit in ihrer Geschichte
zurückzublicken, in der sie sich von Eicheln ernährten und in Zelten schliefen.
Folglich resignierte er und führte in der Hoffnung auf einen nahen Tod ein ruhigeres Leben; mit dem Entschluss
zu sterben erschien ihm das Leben schöner, er belächelte es traurig, wie nach langen Krankheiten. Er
dachte über den Selbstmord nach, was ihn sechs Monate lang beschäftigte; dann wünschte er ihn sich
auf eine andere Art, was das Jahr voll machte; am Ende dieser Zeit hatte er die Gewohnheit angenommen, sich
zu langweilen, und dachte nicht mehr daran, sich davonzustehlen.
Die Tage und Nächte verrannen gleichermassen trostlos in der Eintönigkeit immer gleicher Handlungen zu
immer derselben Stunde, mit dem Sich-Zurechtmachen an jedem Morgen und dem Schlafengehen am Abend. Alles, was die
Menschen interessiert, war ihm völlig gleichgültig, alles, was sie empört, liess ihn kalt;
während die Liebenden sich in der Laube trafen, die Soldaten in den Krieg zogen, der Gelehrte über
seinem Buch, der Denker über seinem Werk brütete, der Esel seine Last trug, der Richter Recht sprach,
der Diener seinen Herrn bestahl und der Herr seinen Diener ausbeutete, was ging das alles ihn an?
Das menschliche Leben machte auf ihn den Eindruck eines Maskenballs, bei dem man sich anstösst und anschreit,
bei dem es weissgekleidete Spassmacher, Harlekins, Dominos gibt, ehrbare Frauen, die auf ein Abenteuer aus sind,
Dirnen, die sie herausfordern, Marquis in abgetragenen Kostümen, umherstolzierende Könige,
Schwachköpfe, die sich amüsieren und eine Menge von herum- stehenden Gaffern. Er selbst stand gelangweilt
in einer Ecke, ohne das Bedürfnis zu verspüren, die Masken herunterzunehmen oder sich über das Theater
zu erheben und das Ganze zu geniessen.