Erich Maria Remarque:  Arc de Triomphe


    In einem Bistro trank er einen Kirsch, dachte an das Mädchen und ging die Operation Schritt für Schritt noch einmal durch. Zurück in seinem Hotelzimmer findet er dort noch die Frau vor, deren Namen er immer noch nicht kennt. Sie schlafen zusammen. Sie ist keine Frau, die Geld nimmt. Sie hat Angst, in ihr Hotel zurückzugehen, Angst vor den Dingen, die wegen des Toten zu regeln sind, mit dem sie übrigens nicht verheiratet war. Ravic begleitet sie und nimmt die Dinge in die Hand, sorgt dafür, dass ein Arzt gerufen wird, der den Totenschein ausstellen muss, und verhandelt mit dem Patron, der die Koffer des Paares an sich genommen hatte aus Angst, nicht zu seinem Geld zu kommen. Nachdem er dafür gesorgt hat, dass sie bei der Begleichung der Rechnung nicht übervorteilt wird und ihr die Koffer ausgehändigt worden sind, bestellt er Kognac und nötigt auch sie zu trinken. Nun erfährt er auch ihren Namen: Joan Madou. Er gibt ihr noch ein paar Tabletten zum Schlafen, dann geht er. Draussen beobachtet er eine Menschenmenge, die sich zum zwanzigsten Jahrestag des Waffen- stillstandes von 1918 am Grab des Unbekannten Soldaten versammelt hat. Es ist der 11.November 1938.
    Ein neuer Fall von verpfuschter Abtreibung steht in Dr.Vebers Klinik an: wiederum ein junges Mädchen, vielleicht kannten sie und die Verstorbene mit den Fusskettchen sich; sie waren vielleicht bei derselben Hebamme gewesen. Diesmal war es noch rechtzeitig, sie hat gute Chancen durchzukommen. Im Gespräch mit Veber und der Schwester Eugénie die gläubig ist und Ravic für einen "verlorenen Menschen" hält, wird klargestellt, dass dieser in Deutschland Chefchirurg eines grossen Hospitals war, dass Frankreich aber keine auslän- dische Examina anerkennt. Veber fragt Ravic, warum er sich nicht eines dieser neuen Appartements mietet, anstatt in seiner Bude zu hausen. Ravic nennt ihn ein Beispiel für die Krankheit unserer Zeit, das bequeme Denken: er müsste sich bei der Polizei anmelden, bräuchte dazu einen Pass und ein Visum, was er aber nicht hat. Gottlob gibt es aber in Paris einige Hotels, in denen man es mit dem Anmelden nicht so genau nimmt. Ravic bemerkt, dass er schon dreimal als Illegaler aufgeflogen ist und nach sechs Monaten im Gefängnis in die Schweiz ausgewiesen worden ist. Er ist jedesmal mit neuer Identität zurückgekehrt, nachdem er sich zwischenzeitlich in Spanien den Republikanern angeschlossen hatte.
    Er geht in ein Bistro, weil er etwas wegspülen muss, und bestellt einen dop- pelten Calvados. Er sinniert über seine Lage, in der jederzeit alles zusammen- stürzen kann: da ist es besser zu treiben, als Kraft zu verschwenden. Er hat schon viele scheitern sehen, heroisch und gleichzeitig lächerlich. Eine Lawine ist nicht aufzuhalten, wenn sie im Rollen ist; besser ist es, abzuwarten und die Verschütteten auszugraben. Es ist gut, auf der Flucht nur leichtes Gepäck zu haben.
    Ein weiterer Job erwartet ihn im Osiris: Mit der Besitzerin des Bordells hat er eine Vereinbarung, die Huren zusätzlich zu der regelmässig stattfindenden amts- ärztlichen Untersuchung noch einmal zu untersuchen; sie will sichergehen, dass sich von ihren Kunden niemand ansteckt. Er nimmt von einem Mädchen nach dem anderen Abstriche. Als er bei einer etwas entdeckt, bricht sie plötzlich los: Dieses Schwein, das gottverdammte Aas! Er sagte, er wäre Medizinstudent und wisse daher Bescheid. Ravic nickt. Die alte Sache – ein Medizinstudent, der sich einen Tripper geholt und ihn selbst behandelt hat.