Für Ravic steht wieder eine Untersuchung der Mädchen in Madame Rolandes
Etablissement an. Da ist eine, Yvonne, deren Hintern blau von Striemen ist. Nein, nicht von einem Krach mit ihrem
Typen habe sie das, sondern aus Liebe. Damit verdiene sie jetzt gut, einige Kunden ständen auf sowas. Nach
getaner Arbeit ist Ravic draussen auf der Strasse. Eine Frau mit einem gefrässigen Krebs, ein Krüppel,
der seine Rente ausrechnet, eine Hure mit einem goldbringenden Hintern, das geht ihm durch den Kopf, als er auf
dem Weg zu einer Frau ist.
Er trifft Joan in der Hotelbar. Sie trinken wie gewohnt Calvados, und Ravic fragt den Kellner nach dem
besten. Du wirst sehen, sagt er zu Joan, und sie nennt ihn einen Calvados-Romantiker. Er meint: ein Calvados mit
Sehnsucht, er sorge für das Fortbestehen. Er erzählt die Fabel von dem Felsen im Meer, der von den Wellen
umspült und dabei unterhöhlt wird, bis er schliesslich nachgibt und in den Wellen versinkt. Sie nehmen
die Flasche alten Calvados, die der Kellner ihnen gebracht hat, mit und gehen zu ihr. Sie hat eigentlich einen
Auftritt im Scheherazade, er drängt sie, abzusagen. Joan hat es im Restaurant traurig gemacht, vom Verlassen
und Verlassenwerden zu reden. Sie gesteht, dass sie dieses Leben aus den Koffern in Hotels leid ist und sich ein
gemeinsames Leben mit mehr Beständigkeit und Sicherheit wünscht. Ravic erklärt ihr, dass diese
Perspektive für ihn nicht gegeben ist, da er illegal in Frankreich lebt und keine Papiere, keinen Pass
oder Visum hat. Sie ist wie erstarrt, legt den Kopf an seine Schulter, sie sei nichts ohne ihn. Er macht den
Vorschlag, irgendwohin zu fahren, wo Sonne ist, nach Cannes oder Antibes.
Ravic soll wieder für Durant eine Operation, die Entfernunng einer Gallen- blase, durchführen.
Weil er für die Reise mit Joan Geld braucht, will er diesmal von ihm mehr verlangen als die zweihundert
Francs, die er bisher bekommen hat. Er weiss von Veber, dass Durant zehntausend erhält, und verlangt
unmittel- bar bevor er beginnen soll zweitausend. Der alte Fuchs mit der Rosette der Ehrenlegion im Knopfloch
weigert sich zunächst, er erinnert Ravic daran, dass er als Réfugié gar nicht seinen Beruf
ausüben darf. Erst als die Narkose schon eingeleitet ist, gibt er schliesslich nach. Bei dem Patienten
handelt es sich um Leval, ein Name, der bei Emigranten wohlbekannt ist, er ist der zuständige Beamte
für Angelegenheiten der Emigranten. Während Ravic seine Schnitte durchführt, denkt er an den
alten Professor Meyer, den Leval ausgewiesen hat und der sich der Abschiebung entzog, indem er sich erhängte.
Und an den Weisswarenhändler Stallmann, der wegen illegalen Grenzübertritts sechs Monate im
Gefängnis war und nur herauskam, um zu sterben.
Er sucht Kate Hegström auf, die gerade im Begriff ist, die Klinik zu verlassen und zu ihrer Reise nach
Florenz aufzubrechen. Sie verabschieden sich. Als Ravic zurückgeht und an dem Zimmer vorbeikommt, in dem Kate
gelegen hatte, sieht er die Schwester, die auf dem Grammophon eine Platte, "La dernière valse", aufgelegt
hat. Sie erklärt, Miss Hegström habe es ihr geschenkt, "es ist ein ameri- kanischer Apparat, den gibt es
nirgendwo hier in Paris, und dazu noch sechsundfünfzig Platten." Das ist Glück, denkt Ravic.