Erich Maria Remarque:  Arc de Triomphe


    Ravic sitzt in einem Bistro und schaut aus dem Fenster. Da sieht er einen Mann, in dem er Haake wiederzuerkennen glaubt, den Mann, der ihn 1934 in der Gestapo-Zentrale in Berlin ein Dutzendmal ohnmächtig geschlagen hat, der ihm damit drohte, was mit Sybil geschehen würde, wenn er nicht gesteht. Sie wurde später angeblich erhängt aufgefunden. Unmöglich, dass Haake in Paris ist, es war wohl irgendeine Ähnlichkeit. Er trifft sich mit Morosow, der ähnliche Erinne- rungen an Russland hat, sein Vater war 1917 ermordet worden.
    Am nächsten Tag trifft Kate Hegström, eine alte Bekannte aus Wien ein, der er vor zwei Jahren den Blinddarm entfernt hatte. Sie ist Amerikanerin, war verhei- ratet mit einem Mann, der sich nach dem Einmarsch der Deutschen als strammer Nazi entpuppte. Ihr hat man mit Konzentrationslager gedroht, weil sie sich für den alten Professor Bernstein eingesetzt hatte. Doch nun kommt sie wegen genitaler Blutungen nach Paris, um sich von Ravic operieren zu lassen. Sie und Ravic begeben sich zum Scheherazade, um sich dort mit Morosow zu treffen. Das Scheherazade ist wie ein kaukasisches Zelt eingerichtet, mit Kellnern in Tscherkessenuniformen, und ein aus russischen und rumänischen Zigeunern bestehendes Orchester spielt. Kate wünscht sich Zigeunerweisen. Sie trinken Wodka, und ein Spieler kommt mit seiner Geige an ihren Tisch. Eine Stimme singt auf russisch: Ja wass loubill, ich habe dich geliebt, dann italienisch: Santa Lucia Luntana. Als der Scheinwerfer herüberschwenkt, erkennt Ravic, wer da singt: es ist Joan Madou. Beim Hinausgehen kommt sie ziemlich nahe an ihrem Tisch vorbei, und ihm scheint es so, als habe sie ihn gesehen, doch sie schaut ausdruckslos über ihn hinweg.
    Ravic hat Kate Hegström unterm Messer, sie liegt mit aufgeschnittenem Unterleib vor ihm auf dem Operationstisch. Er ruft Veber herbei; da er entdeckt hat, dass es sich nicht einfach um eine Schwangerschaft handelt, sondern um einen Krebs in fortgeschrittenem Stadium, ist zu entscheiden, wie weiter ver- fahren werden soll. Sie einigen sich darauf, da eine Hysterektomie keinen Sinn macht, nur eine Ausschabung vorzunehmen und den Bauch wieder zuzunähen. Sie beschliessen, Kate Hegström, 34 Jahre alt, kapriziös, schmal, braun, trainiert, nicht zu sagen, dass sie nur noch kurze Zeit zu leben hat. Ravic geht in ein Bistro und trinkt ein Glas Dubonnet. Die Leute diskutieren über den bevorstehenden Krieg, über den Aufschub, der vielleicht noch bleibt. Auch er hat noch einen Aufschub, bis er es Kate sagen muss. Ihm kommen Kriegserinnerungen, an einen Augusttag an einem ruhigen Frontabschnitt bei Ypern. Durch einen plötz- lichen Feuerüberfall wurden mehrere seiner Kameraden getötet, sein Freund Messmann am Bauch getroffen, so dass seine Eingeweide hervorquollen. Eine Stunde schrie er, bevor er starb. Das Credo Ravics lautete: Hilf, wenn du kannst, aber wenn du nichts mehr tun kannst, vergiss es!
    Er geht ins Scherehazade. Das Orchester spielt, und im Scheinwerferlicht singt Joan Madou. Er lässt sich vom Kellner eine Karaffe Wodka bringen. Als Joan ihren Auftritt beendet hat, kommt sie herüber und setzt sich zu ihm. Es ist drei Wochen her, dass sie das erste Mal hier gesessen haben. Als Ravic ihr mit 'Salute' zuprostet, hellt ihr Gesicht sich auf. Damals war sie ganz verzweifelt und hat zusammengekauert in ihrem Regenmantel dagesessen. Jetzt hat sie plötzlich Wärme und eine selbstverständliche Gelassenheit.