Honoré de Balzac  Die Chouans

    Sie wurden begleitet – tatsächlich standen sie unter ihrer Aufsicht – von einer Mannschaft von etwa einhundertfünfzig Soldaten, wegen der Farbe ihrer Uni- formjacken "die Blauen" genannt, einer Halbbrigade unter dem Befehl eines Kommandanten, des Halbbrigadeführers Hulot, der den ihm unterstehenden Trupp nach Mayenne führen sollte. Es handelte sich nämlich um Ausgehobene bzw. "Konskribierte", mit denen nach dem Willen und gemäss dem Dekret des Direktoriums, dass auch die Departements der Bretagne Kontingente zu stellen hatten, neue Truppenverbände zur Bekämpfung der Aufständischen in der Bretagne und in der Vendée gebildet werden sollten.

    Sie hatten den Pelerinenberg erreicht, den sie auf dem Weg nach Mayenne nun erklimmen mussten. Als der Zug die Anhöhe erreicht und auf dem vor ihm liegenden weiten Plateau eine Strecke zurückgelegt hatte, stoppte er auf einmal; die Kolonne der Neuausgehobenen war hinter den voranmarschierenden Soldaten zurückgeblieben und zum Stehen gekommen. Der Kommandant Hulot, der nach dem Grund fragte, weshalb sie angehalten hatten, erhielt die Antwort von einer ihm unbekannten Stimme: "Es ist, weil hier die Bretagne endet und Maine beginnt." Es war die Stimme eines hier erstmalig auftretenden Akteurs, der als ungeschlacht und von einem knorrigen Äusseren, dabei von einer scheinbar echten Einfältigkeit beschrieben wird, der "erschien wie der Geist der Bretagne selbst". Sein Name war Marche-à-terre, ein Name, der ihn, da es sich um einen eigentlich verbotenen Chouan-Namen handelte, höchst verdächtig machte, umso mehr, da er zudem angab, aus dem Lande der "gars" zu kommen. Der Kommandant war wegen des Auftauchens des Chouans besorgt, sah in ihm den Vorboten eines bevorstehenden Gemetzels, und traf Vorbereitungen für einen zu erwartenden Kampf, schob aber für den Moment seine Bedenken beiseite.

    Kurz darauf geriet die Abteilung an einer Passage, an der die Strasse von bewaldeten Höhen umgeben war, in einen von den Aufständischen gelegten Hin- terhalt, die nun aus ihm hervorbrachen und mit ihren Salven einige "Blaue" niederstreckten. Der Chouan, auf den Hulot ein Auge gehabt hatte, konnte, nach- dem er ihnen mit einen schrillen Pfiff das offenbar verabredete Zeichen gegeben hatte, den Augenblick ausnutzen und entkommen. Von den Neuausgehobenen nutzte ein Teil ebenfalls die Gelegenheit zur Flucht und setzte sich in den Wald ab, sie erhielten offenbar bereitgehaltene Waffen und verstärkten nun die Reihen der Chouans, die jetzt mehrere hundert an der Zahl waren. In dem sich entwickelnden Gefecht tauchte auch Marche-à-terre im Zentrum der Chouans wieder auf, neben einem jungen Mann von vielleich 25 Jahren, der sich in den Kämpfenden heraushob, der Befehle erteilte und ein Anführer der "Königsjäger" zu sein schien. Seine Kleidung und sein leidenschaftliches Auftreten, die Eleganz und die Kraft, mit der er seinen Degen schwang, verrieten ihn als einen Aristokraten.
    Es war ein für die "Blauen", die Republikaner, verlustreiches Scharmützel, an dem Gefecht beteiligten sich auch einige mutige Neuausgehobene, die nicht desertiert waren, sondern sich mit den Waffen der Gefallenen versehen hatten und den Kommandanten verteidigten, indem sie ihn in ihre Mitte nahmen. Es wurde erst durch die Ankunft der Nationalgarde beendet, die Hulot zur Verstär- kung herbeordert hatte, und nachdem der junge Anführer den "Königsjägern" den Befehl zum Rückzug gegeben hatte. Ein verwundeter Chouan, der beim Rückzug der Aufständischen über die Steilhänge zurückgeblieben war und den Regie- rungssoldaten in die Hände fiel, wurde von Hulot nach seinem General befragt, ob es Marche-à-terre sei. Seine Antwort, bevor er durch die Schüsse zweier Soldaten, deren Kamerad zuvor von Marche-à-terre getötet worden war, nieder- gestreckt wurde: Nein, nicht Marche-à-terre, der Gars.