Honoré de Balzac  Die Chouans

    Mit einem Dolch bewaffnet nimmt sie mit dem einzigen Gedanken, ihn zu finden, die Spur der Chouans da wieder auf, wo sie sie zuvor entdeckt hatte; sie waren verschwunden. Hier will ich auf die Kumpane Marche-à-terre's eingehen, weitere Nebenfiguren, die ebensolche abenteuerliche Namen haben: Pille-miche, Mène-à-bien und Galope-chopine. Bei einem abgelegenen Anwesen, es ist das Landhaus des Geldverleihers d'Orgemont, des alten Geizkragens, der bei dem Postkutschenraub vorgab, dass bei ihm nichts zu holen sei, hat Marie die Aufständischen, die sie als die im Schloss La Vivetière versammelten Edelleute wiedererkannte, plötzlich vor sich, und bei einem Blick durch ein Fenster sind sie und der Marquis sich einen Augenblick lang ganz nahe von Angesicht zu Angesicht, er scheint bedrückt zu sein, sollte es vielleicht ihretwegen sein? Als sehe er einen Geist, ruft er aus: Ich sehe doch diese Teufelin auch im Wachen! Die abgründige Verachtung, die daraus sprach, weckte in ihr von neuem das Verlangen, sich an ihm zu rächen.

    Nachdem sie entdeckt worden war, flüchtete sie sich in einen Keller und fand ein Versteck auf einer kleinen Mauer unterhalb dem Bogen eines Gewölbes. Sie vernahm Stimmen und ein Ächzen, und durch einen Spalt konnte sie beob- achten, wie Pille-miche und seine Kumpane den armen d'Orgemont, den sie an den Händen gefesselt hatten, folterten, damit er ihnen verriet, wo seine Reich- tümer versteckt waren. Sie fachten unter ihm ein Feuer an, und als dieser sie mit kläglicher Stimme anflehte und ihnen grosse Summen anbot, entfuhr Marie ein Ausruf. Die Chouans blickten sich verwundert um und fuhren fort, den Ärmsten anzusengen. Da fasste Marie Mut und sagte mit feierlicher Stimme: Fürchtet ihr nicht den Zorn Gottes? Sie glaubten, einen Geist sprechen zu hören, und flüch- teten. Marie konnte den Armen losbinden, und da sein Haus mit einem Versteck, einem geheimen Raum ausgestattet war, konnte der dankbare d'Orgemont sie nun vor den Chouans in Sicherheit bringen. Pille-miche und seine Kumpane sprachen Gebete zur heiligen Anne d'Auray, offenbar eine lokale Schutzheilige, die von der gläubigen Landbevölkerung bei allen Gelegenheiten angerufen wird. Madame du Gua, die auch Stute Charrettes genannt wurde, schalt sie Dumm- köpfe; sie war sich sicher: es war sie! Sie bot tausend Taler (? Übersetzung!) demjenigen, der ihr die Dirne brächte.

   Nachdem die Gefahr zunächst vorüber war und sie dieses erste Versteck verlassen konnten, führte d'Orgemont Marie in ein weiteres, ein geheimer Raum, von ihm mit Vorräten angelegt, offenbar um bei Gefahr für längere Zeit darin auszuharren. Sein lüsternes Interesse an ihr, das sich in einem zuvorkommenden Gehabe ihr gegenüber äusserte, gipfelte in dem Angebot, er könne ihr ein Leben mit einigem Luxus bieten, wenn sie seine Frau würde. Als Marie zufällig ein Bild beiseite schiebt, entdeckt sie ein dahinter verborgenes Loch in der Wand, durch das man in den angrenzenden Raum blicken kann. Sie vernimmt die vertraute Stimme des Marquis, der den versammelten Royalisten über sensationelle poli- tische Entwicklungen zu berichten weiss: Abgesandte hätten mit dem Ersten Konsul über eine Wiedereinsetzung Ludwigs des XVIIIten verhandelt. Ausserdem kündigte er an, einen Ball veranstalten zu wollen, sehr zum Unmut des Abbé Gudin, jenem Geistlichen, der keine Skrupel hatte, bei der Ausraubung der Postkutsche einen Anteil der Beute im Namen der Kirche einzustecken, und der einwandte, statt um Tanz und Musik sich lieber um Gewehre zu sorgen. Nach dem soeben Erfahrenen beschloss Marie, bei diesem Ball zu erscheinen.