Nachdem Untersuchungen der Ärzte nichts erbracht haben und diese ratlos sind, wird der Abbé
Herrera gerufen; er schlägt eine Reise nach Italien vor, die aber erst nach ihrer Taufe und der ersten Kommunion
unternommen werden kann. Vorerst versucht er es mit einem ausgefallenen Schritt: er nimmt Esther zunächst zu
einem ausgezeichneten Diner in ein Restaurant und anschliessend in die Oper mit. Doch die an ein klösterliches
Leben Gewöhnte empfindet Abscheu vor dem Diner und eine religiöse Abneigung gegenüber dem Theater,
und der Priester ahnt, dass die Liebe zu Lucien sie dahinsiechen lässt und sie am Ende sterben wird. Als er
ihr eröffnet, dass sie Lucien gleich am Tag nach der vollzogenen Taufe wiedersehen wird, bekommt ihr Gesicht
wieder Farbe. Seine Ankündigung: "Nur noch wenige Tage, und ihr werdet frei sein" lässt sie wieder
aufleben, bringt ihr wahres, anmutiges, kokettes, fröhliches
Wesen zum Vorschein: kurz gesagt, die frühere Esther ist wiederauferstanden.
Einige Monate später treffen wir Lucien und Herrera in demselben Stadtviertel von Paris an, in einem
aus zwei Flügeln bestehenden Haus im zweiten Stock, die, durch einen Empfangsraum von antiker Pracht getrennt,
von je einem von ihnen bewohnt werden. Lucien führt das verschwenderische Leben eines Dandys, mit
Pferden, mit einem Coupé, einem Kabriolett und einem Tilbury. Während er früher, da die Bemühungen
Herreras, ihn von ihr abzulenken, erfolglos geblie- ben waren, die Torpille noch mit der hartnäckigen Liebe
eines Dichters, die der Priester nie begreifen würde, besucht hatte, ist sie, da sie nach dem Vorfall beim
Opernball und der Nacht, in der er sie nach Hause gebracht hatte, verschwunden ist, für ihn in weite Ferne
gerückt. In der Folge verlor er seine Lebenslust, er geht nicht mehr aus, mit Missmut erfüllt verbringt
er seine Tage auf einem Diwan sitzend und seine Wasserpfeife rauchend.
Nun, im darauffolgenden Jahr, eröffnet Herrera ihm, dass er Esther damals entführt hat, dass
sie seitdem in einen besseren Menschen verwandelt worden ist und dass die Torpille von früher nicht mehr
existiert. Er beharrt darauf, dass, wenn er sich eine Mätresse halten wolle, es aber eine Frau aus den
höheren Kreisen sein solle, eine, die zum Hofe gehört und Einfluss besitzt.
Der falsche Priester hat einige Vorkehrungen in die Wege geleitet; er hat für Esther, um sie als die
heimliche Geliebte Luciens vor der Öffentlichkeit zu ver- bergen, eine neue Wohnung besorgt, die völlig
geheim bleiben soll; auch hat er zwei Frauen, denen er die Namen Europe und Asie gab, für sie als
Bedienstete angestellt. Lucien, der die Mitteilung Herreras, dass er für das Verschwinden verantwortlich
ist, mit Empörung und Wut aufgenommen hatte, ist besänftigt, als dieser ihm ihre neue Adresse nennt.
Er eilt unmittelbar zu ihr, er klärt sie auch über ihn auf, und zu erfahren, dass dieser
schreckliche Mensch, in dessen Händen ihr ganzes Schicksal liegt, gar kein Priester ist, erfüllt sie
mit Grauen.
Am nächsten Tag war in der Strasse ein Mann zu beobachten, der vor der Wohnung Esthers unruhig auf und
ab ging. Als für die beiden Liebenden gerade das Frühstück aufgetragen wurde, trat der falsche
Priester ein. Auf Luciens Entrüstung, was er hier wolle, antwortete er unverfroren: "Euch segnen."