Zweites Kapitel
Aber es hätte ihn in einige Verlegenheit gebracht, wenn er es hätte sagen sollen, denn er wusste es
selbst nicht.
Als seine Mutter acht Tage mit ihm verbracht hatte, in denen sie ihn einge- richtet, eingekleidet und versorgt
hatte, sie gemeinsam in das Museum von Versailles, einmal nach Saint-Cloud, dreimal in die Komische Oper, einmal zu
den Gobelins, einmal zum Brunnen von Grenelle, um die dreissigmal in verschie- dene Einkaufspassagen gegangen waren,
um verschiedene Dinge zu besorgen, bereitete die gute Frau sich auf den Abschied von ihrem Sohn vor,
gab ihm zunächst tausend Ratschläge zu vielen Dingen, von denen sie nichts verstand, ermahnte ihn
dann zum Arbeiten, zu einem guten Betragen und zur Sparsamkeit.
Als der Tag der Abreise gekommen war, gingen sie gemeinsam essen, in einem Restaurant gleich in der Nähe
des Hofes mit den Transportgesellschaften, aber sie hatten beide keinen Appetit und sprachen wenig. Als für
sie der Augenblick der Trennung gekommen war, gerade bevor die Abfahrt angekündigt wurde, war sie ganz
aufgelöst, und als es Abschied nehmen hiess, küsste sie ihren armen Henry unter Tränen auf beide
Wangen. Henry zündete sich daraufhin eine Zigarre an und war äusserlich ungerührt; doch kaum war
die Kutsche losgefahren, war er der Zigarre überdrüssig, und er warf sie zornig weg: "Adieu, arme Mutter,
sagte er zu sich, lebewohl, lebewohl"; und in seinem Herzen bedeckte er sie mit Lobesworten und Zärtlichkeiten.
Er hätte sie gern mit Inbrunst umarmt, sie dazu gebracht, nicht mehr zu weinen, ihr die Tränen abgewischt,
sie getröstet, sie zum Lächeln gebracht, sie glücklich gemacht; er kam sich feige vor und machte
sich Vorwürfe, dass er sie eben noch wegen ihrer Weichheit erniedrigt hatte, und das vor den Augen dreier
Herren als Publikum; er vergrub seine Hände in seinen Taschen, zog seinen Hut bis über die
Augen und setzte seinen Weg auf dem Bürgersteig mit einem harten Ausdruck im Gesicht fort.
Da er in den ersten Tagen nicht wusste, was er mit sich anfangen sollte, streifte er durch die Strassen, über
Plätze und durch die Parks; er lief zu den Tuilerien und zum Luxembourg-Park; er setzte sich auf eine Bank und
sah den Kindern beim Spielen zu oder aber beobachtete die Schwäne, wie sie über das Wasser glitten. Er
besuchte den Botanischen Garten und fütterte den Bären mit Namen Martin; er ging im Palais Royal spazieren
und hörte den Schuss, der am Mittag Punkt zwölf mit einer Pistole abgegeben wird; er betrachtete die
Auslagen der Geschäfte mit der neuesten Mode und solche mit Drucken; er bewunderte die Gasbeleuchtungen und die
Aushänge. Abends ging er über die Boulevards, um die Strassendirnen zu sehen, was ihn die ersten
Tage sehr amüsierte, da es bei ihm auf dem Lande nichts Derartiges gab.