Beim Flanieren entlang der Quais las er die Titel der Bücher, die auf der Brüstung ausgelegt waren; er
blieb bei den Taschenspielern stehen und bei den Zahnausreissern. An einem Tag verbrachte er auf dem Platz am Louvre
viel Zeit damit, die exotischen Vögel zu betrachten, die es dort in Käfigen zu sehen gibt, wie sie beim
geringsten Sonnenstrahl kreischen und mit den Flügeln schlagen. Die armen Tiere seufzen, blicken zu den Wolken
hoch, balancieren auf ihren Ringen, wie wenn sie auf den Ästen ihrer grossen Bäume jenseits der Meere
und in wärmeren Ländern balancieren würden. Er versäumte auch nicht, sich von einem
Papageienweibchen mit gekrümmtem Schnabel, das er hübscher fand als die anderen, am Finger zerren zu
lassen.
Er stieg die Türme der Kirchen hinauf und blieb dort lange Zeit auf die steinernen Balustraden gestützt,
von denen sie gekrönt sind, blickte auf die Dächer der Häuser hinunter, den Rauch, der aus den Kaminen
stieg, und auf die winzigen Menschen, die wie Fliegen über das Pflaster eilen.
Er liess sich im Omnibus von einem Pariser Quartier in den nächsten fahren, und er betrachtete alle Gesichter
der Mitfahrenden, die unterwegs ein- oder ausstiegen, stellte zwischen ihnen Ähnlichkeiten als auch
Gegensätze fest.
Er betrat ein Café und verbrachte eine ganze Stunde damit, immer dieselbe Zeile in einer Zeitung
zu lesen.
Er ging in den Bois de Boulogne, betrachtete die schönen Pferde und die gutaussehenden Herren, die lackierten
Kutschen und die schneidigen Jäger, sowie die vornehmen bleichgesichtigen Damen, denen der Schleier, wenn er
ihnen vom Wind weggerissen und durch die Tür hinausgeweht wurde, begleitet vom Rasseln ihrer Armbänder
an der Nase vorbeiflog. Er genoss ihr vornehmes Gehabe und ihre geschmacklosen farbigen Wappen; er stellte
sich bei ihrem Anblick ein Luxusdasein vor, das sich, ausgefüllt von unbeschwerten Vergnüg- ungen, hinter
dreifachen rosafarbenen Vorhängen und mit samtbespannten Möbeln abspielte; er stellte sich die Salons vor,
in die sie am Abend gingen, mit tiefem Décolleté, mit Diamanten und mit Blumen, die spitzenbesetzen
Kissen, auf die sie ihren Kopf legten, die grossen von einem Park umgebenen Anwesen, in denen sie den Sommer
verbrachten, und die Kieswege, über die ihre Füsse schritten.
Doch bei jedem dieser lustvollen Träumereien drang von neuem ein Schmerz in seine Seele ein, wie um die
flüchtigen Freuden, die er dabei empfand, augenblicklich auszulöschen.
Wie betäubt vom Lärm der Strassen und all dieser Menschenansamm- lungen, die sich um ihn herum bewegten,
ohne dass er an ihren Tätigkeiten und leidenschaftlich betriebenen Geschäften teilhatte, überkam
ihn plötzlich ein Ver- langen nach Ruhe, und er wünschte sich weit weg von alledem, hundert Meilen von einer
Stadt entfernt, in irgendeinem namenlosen Dorf, mit einem Weinberg im Rücken im Schatten einer Eiche sitzend,
um hier unbekannter zu leben und zu sterben als der niedrigste aller Sterblichen.